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Ab 1934 erfuhr das Institut im Zuge der nationalsozialistischen Prioritätensetzung zugunsten einer starken Landwirtschaft eine Erweiterung seiner Aufgaben, einhergehend mit entsprechender Etaterhöhung:
"Erst im Jahre 1934 wurde ein ausreichender Etat bewilligt, und von
da an hat es Haushaltssorgen für das Institut nicht mehr gegeben. Eine
ständige Erweiterung trat ein, und der von Baur geplante Ausbau des
Instituts und seiner Forschungstätigkeit konnte weitgehend verwirklicht
werden. Er war bis zum Beginn des Krieges zu einem gewissen Abschluß
gelangt" (Kuckuck & Schmidt 1948).
"Ab Januar 1934 werden die entsprechenden Pläne für die
Reichserzeugungsschlacht in der Landwirtschaft vorbereitet, mit denen man einen
möglichst hohen Autarkiegrad bei der einheimischen Agrarproduktion bis zum
Ausbruch des geplanten Angriffskrieges erreichen will" (Klemm 1998).
Lupinen- und Getreidezüchtung (z. B. die Winterweizensorte "Ostmärker") standen dabei im Mittelpunkt, Beregnungsversuche bekamen stärkeres Gewicht, Mais und Hanf kamen neu hinzu. Eine weitere Sammelreise zu Getreide-, Leguminosen-, Obst-, Gemüse-, Heil- und Gewürzpflanzensorten führte Institutswissenschaftler 1935/36 in den Hindukusch.
In der Leitungszeit Husfelds entstanden bis 1936 folgende Neubauten:
1936 arbeiteten 32 Wissenschaftler und 48 Angestellte in Forschung, Verwaltung und Gutshof. Zu ca. 100 dauerhaft beschäftigten Arbeitern kamen im Sommerhalbjahr weitere 130 Saisonkräfte.
1936 endete die kommissarische Leitung durch die Einsetzung von Prof. Dr.
Wilhelm Rudorf (1891-1969) als Direktor. Husfeld, fortan stellvertretender
Direktor, konnte das Institut schuldenfrei übergeben.
Rudorf studierte als westfälischer Landwirtssohn u.a. in Berlin,
promovierte 1926 und habilitierte 1929 über Immunitätszüchtung,
war bis 1933 Direktor des Instituto Fitotécnico in Santa Catalina
(Argentinien), danach erhielt er eine Professur für Pflanzenbau und
Pflanzenzüchtung in Leipzig. Seine Forschungsschwerpunkte waren
physiologische Effekte der Temperatur und Photoperiode auf die pflanzlichen
Entwicklungsschritte. Rudorf war neben T. Roemer Herausgeber des in Deutschland
sehr bedeutenden "Handbuches der Pflanzenzüchtung" (1941-1950).
"Seit 1936 liegt die Koordination der deutschen Pflanzenzüchtungswissenschaften in den Händen des neu ernannten Direktors von Müncheberg und stellvertretenden Obmanns der RAG [Reichsarbeitsgemeinschaft] Pflanzenbau, Wilhelm Rudorf (1891-1969). Aufsehen erregt das Müncheberger Institut damals vor allem durch Arbeiten über das künstliche Auslösen von Mutationen bei Kulturpflanzen und die Polyploidieforschung. [...] Systematisch fortgesetzt werden gleichfalls die Arbeiten an der Süßlupine. 1935/36 stoßen die Müncheberger Forscher auf die erste Pflanze von Lupinus luteus mit nichtplatzender Hülse. Nach langen Mühen gelingt es, die Alkaloidarmut mit Platzfestigkeit der Hülsen zu kombinieren." (Klemm 1998)
Zwei neue Abteilungen entsprechend Rudorfs Forschungsschwerpunkten
(Temperatureffekte und Photoperiode) leisteten sehr anwendungsnahe Forschung.
Desweiteren wurde die Futterpflanzenzüchtung verstärkt und Soja,
Sonnenblumen, in der Kriegszeit auch Raps und Rübsen neu in das
Forschungsprogramm aufgenommen.
Besondere Förderung genossen - wie schon zu Baurs Zeit - die
Rebenzüchtung und die Forschung an Kern-, Stein- und Beerenobst sowie an
Forstpflanzen.
1937 führte eine Sammelreise zu Lupinen nach Süditalien und
Palästina, im gleichen Jahr auch nach Äthiopien. Noch im Kriegsjahr
1942 konnte eine Sammelreise nach Griechenland unternommen werden.
Weizen- und Lupinenversuche wurden außerdem auf den Domänen
Gorgast und Seelow durchgeführt. Forschungsgegenstand waren auch Hanf- und
Leinpflanzen, Obst und selbst Nüsse, Beeren, Gräser, Mohn sowie
Pappeln und Korbweiden.
Die agrarmeteorologische Forschungsstelle des Reichsamtes für Wetterdienst
führte in Zusammenarbeit mit dem Institut Untersuchungen zu
mikroklimatischen Bedingungen in Beständen, Temperaturen an
Blattoberflächen sowie an blühenden Kirschbäumen durch.
Die Wissenschaftler und Baur-Schüler Dr. Hermann Kuckuck (1903-1992), Dr.
Rudolf Schick (1905-1969) und Dr. Hans Stubbe (1902-1989) wurden in der Zeit
der kommissarischen Leitung anläßlich einer fachlichen
Auseinandersetzung, letztendlich aber wegen ihrer Haltung als
Nicht-Nationalsozialisten angeprangert und zu Beginn der Leiterschaft Rudorfs
entlassen. Wenig später verließ mit Dr. Reinhold v. Sengbusch
(1898-1985) ein weiterer, ebenfalls politisch angegriffener, wichtiger
Mitarbeiter der ersten Stunde das Institut. Sein Name bleibt mit dem
Süßlupinenzuchterfolg untrennbar verknüpft.
"Die Schaffung der Süßlupinen bedeutet daher einen
wesentlichen Beitrag für die Lösung des Problems der Viehhaltung auf
den ausgedehnten Flächen armer Sandböden und somit letzten Endes auch
einer dichteren Besiedlung. [...] 1937 wurden schon 47 000 ha mit der neuen
Kulturpflanze bestellt" (Institutsführer 1938).
"Im Jahre 1937 entstand ein eigenes Heim für die Belegschaft des Institutes in Gestalt eines mit einem großen Saal für die Verpflegung der Mitarbeiter sowie Vorträge und Festlichkeiten, mit kleineren Gesellschafts-, mehreren Fremdenzimmern und einer modern angelegten Gemeinschaftsküche mit Vorratsräumen ausgestatteten Gebäudes" (Kuckuck & Schmidt 1948).
Ebenso setzte sich die mit Klein-Blumenau begonnene Gründung von Zweigstellen unter Rudorf fort:
1938 hatte das Versuchsgut mit 16 Pferden und zwei Lanz Kühlerbulldoggs von je 38 PS eine Fläche von 328 ha (Eigenbesitz und Pachtland) wovon 83 ha zur Eigenbewirtschaftung genutzt werden konnten. Dem Problem zu geringer Viehhaltung wurde folgendermaßen begegnet: "Der fehlende Dung wird von Berlin bezogen, wobei das eigene Abstellgleis der Kleinbahn Dahmsdorf-Müncheberg - Müncheberg Stadt von Bedeutung ist" (Institutsführer 1938).
1938 hatte das Institut 48 wissenschaftliche Mitarbeiter, 86 technische
Angestellte und 150 ganzjährige Arbeiter und Arbeiterinnen. Mit
zusätzlichen 120 Saisonkräften ergab sich in der Hochsaison eine Zahl
von ca. 400 Beschäftigten (ohne Zweigstellen). Der Institutsetat wurde nun
vorrangig vom Reichsernährungsministerium, dem Forschungsdienst und der
Deutschen Forschungsgemeinschaft bestritten.
Zu Kriegsbeginn bestanden 15 Abteilungen, 1940 arbeiteten sogar 70
Wissenschaftler in 23 Abteilungen. Für die folgenden Kriegsjahre fehlen
genaue Angaben; Zeitzeugen nennen eine maximale Zahl von ca. 1000
Beschäftigten.
Während der Kriegsjahre wurde die Forstpflanzenzüchtung zugunsten
eines neuen Institutes für Zellstoffpflanzenforschung in Karlsruhe
aufgelöst. Die von Husfeld geleitete Rebenabteilung erfuhr noch 1942 die
Aufwertung zu einem selbständigen "Kaiser-Wilhelm-Institut für
Rebenzüchtung".
Die allgemeinen kriegsbedingten Einschränkungen (Einberufungen, Material-
und Energieknappheit), aber auch die nationale wissenschaftliche Isolierung
wirkten schließlich zunehmend auf das Institut. Der
Arbeitskräftemangel wurde z.T. durch Zwangsarbeiter ausgeglichen.
Schon unmittelbar zu Kriegsbeginn waren alle spezifischen
Eventualitäten, wie Energieeinsparung beim Gewächshausbetrieb und
Luftschutzmaßnahmen genauestens geregelt: "Alle in und bei den
Gewächshausanlagen und Getreideschuppen beschäftigten
Gefolgschaftsmitglieder nehmen im Diebsgraben Fliegerdeckung"
(Luftschutzordnung 1939).
Ende September 1944 kam durch Einberufungen zum Volkssturm sowie durch lokalen
Stellungsbau die Forschung zum Erliegen. Das Näherrücken der Front
führte schließlich im Februar und März 1945 zur Verlagerung
allen beweglichen Materials (12 Eisenbahnwaggons; vorwiegend Saatgut und
bewegliches Zuchtmaterial, aber auch Gerätschaften, die Bibliothek und
Zuchtprotokolle) zu Betrieben in Kleinwanzleben (Saatzuchtfirma Rabbethke &
Gieseke) und Egeln bei Magdeburg. Unmittelbar vor Kriegsende erfolgt teilweise
eine Weiterverlagerung weiter in den Westen zu "Ausweichstellen" in
Ebsdorf b. Uelzen und Heitlingen b. Hannover.
"Angesichts der Tatsache, daß die Oderfront steht und damit
gerechnet werden kann, daß die Führung die Oderfront auch unbedingt
halten will, halte ich es für meine Pflicht, die Ereignisse in Heitlingen
abzuwarten.
Es ist sehr viel Material von Kleinwanzleben hierher gebracht worden. Das
Auspflanzen und die Aussaat haben hier begonnen und eine ganze Reihe von
Assistentinnen sind hier bereits an der Arbeit. Gehe ich von hier fort, ist das
Material völlig gefährdet. Das Saatgut würde wahrscheinlich
verfüttert werden oder es würde gestohlen und den zahlreichen
Ausländern anheim fallen, die sich, von der Industrie nicht mehr
beschäftigt, hier herumtreiben. Es kommt hinzu, daß auch das
Material in Ebsdorf nach menschlicher Berechnung sehr bald ähnlichen
Bedingungen unterworfen sein wird, wie das nach Heitlingen verbrachte. Für
Kleinwanzleben gilt dasselbe" (aus einem Brief des Direktors W. Rudorf
vom 6. 4. 1945 von der Ausweichstelle Heitlingen an seinen Vertreter O.
Schröck in Müncheberg).
"Im Institut wurde mir vom O 2 des im Institut einquartierten Korps
gesagt, daß es richtiger wäre, den Treck auf der Reichsstraße
I weiterzuführen, weil die feindlichen Spitzen in Richtung auf Buckow
durchgebrochen seien. Ich habe darauf dem noch im Institut befindlichen Teil
des Trecks (Trecker mit 3 Anhängern und 2 Pferdegespanne) die Anweisung
gegeben, zunächst auf der Reichsstraße I zu marschieren"
(aus einem Brief von O. Schröck vom 21. 4. 1945 an die Generalverwaltung
der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft über die Institutsräumung am 18.
April).
"Da Herr Professor Rudorf sich zur Zeit der notwendig gewordenen
Räumung des Müncheberger Instituts auf der Ausweichstelle des
Instituts in Heitlingen befand und ich mit seiner Vertretung beauftragt worden
war, befinde ich mich mit den Gespannen des Instituts und einem Teil der
Gefolgschaft auf dem Treck. Da uns kein bestimmtes Ziel angewiesen worden ist,
habe ich mir vorgenommen, nach Dummerstorf zu kommen" (aus einem Brief
von O. Schröck vom 21. 4. 1945 an den Leiter des Kaiser-Wilhelm-Institutes
für Tierzüchtung in Dummerstorf b. Rostock).
Am 17. April 1945 beschädigte ein Luftangriff das Institut und tags darauf räumte die SS das Institut vollständig. Durch die anschließende Flucht der örtlichen Bewohner fehlen bis Kriegsende weitere genaue Angaben.
Eine eher ernüchternde Wertung der hier angerissenen und in der Fachliteratur dokumentierten Züchtungsergebnisse der Jahre 1928 bis 1945 gibt rückschauend der spätere langjährige Direktor der Nachfolgeeinrichtung, Prof. Dr. E. Rübensam: "Als Gesamteinschätzung ist zunächst festzustellen, daß die Vielzahl der züchterisch bearbeiteten Objekte und der Zuchtziele mit dem zwar nicht geringen, gemessen an den Aufgaben dennoch unzureichenden Potential im gegebenen Zeitraum keine sonderlich hohen Erwartungen an praxiswirksamen Züchtungsergebnissen zuläßt" (Rübensam 1998).
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