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Das Inventar des Müncheberger Instituts war zum größten Teil nach Westdeutschland verlagert, die meisten wissenschaftlichen Mitarbeiter nachgefolgt. An den Baulichkeiten in Müncheberg bestanden nur wenig Schäden und Verluste, die Versuchsflächen waren lediglich verunkrautet, was in einem so intensiv umkämpften Frontabschnitt ein sehr glücklicher Umstand war. "In der Inneneinrichtung und am Inventar waren jedoch ungeheure Schäden und Verluste zu beklagen" (Kuckuck & Schmidt 1948: 133).
So bestand in Müncheberg 1945 die Aufgabe eines vollständigen Neubeginns. "Im April 1946 lagen noch die Sämereien weit verstreut, die Scheiben kaputt, z.T. Türen und Fenster herausgerissen; allerdings war nichts ausgebrannt. Die Feldarbeit bedeutete zunächst Unkrautrupfen und dann Anbau von Lebensmitteln wie Kohl, Bohnen und Tomaten. Die Weinreben am Südhang zum Faulen See standen noch längere Zeit und boten im Herbst köstliche Leckerbissen. Ponys wurden zur Feldarbeit genutzt, auch Zirkuspferde besorgt, die immer unkontrolliert hochsprangen ..." (Zeitzeugin). "Die Wehrmacht oder die SS hatte im letzten Kriegsjahr Quartier im Hauptgebäude, unmittelbar nach Kriegsende wurden Fremdarbeiter aus Italien einquartiert. Später gab es Weinernte unter sowjetischer Leitung" (weitere Zeitzeugin).
Auf Initiative von Dr. O. Schröck und Prof. Dr. B. Husfeld sowie der örtlichen Stellen konnte das Institut am 1. Oktober 1945 mit ca. 30 zumeist ehemaligen, überwiegend technischen Mitarbeitern - "einem Häuflein alter getreuer Mitarbeiter" (Kuckuck & Schmidt 1948: 133) - unter Finanzierung der Provinzialverwaltung Brandenburg wieder eröffnet werden.
Als Wissenschaftler der Vorkriegs- bzw. Kriegszeit waren lediglich Prof. B. Husfeld, Prof. Dr. M. Schmidt, Dr. O. Schröck und Dr. H.-J. Troll am Orte verblieben bzw. wieder zurückgekehrt.
Dr. Otto Schröck (1909-1989) promovierte 1934 nach naturwissenschaftlichem Studium (Innsbruck, Berlin, Greifswald) an der Universität Greifswald, wo er ab 1931 Beschäftigung am Botanischen Institut fand. Seit 1936 am Kaiser-Wilhelm-Institut tätig, leitete er ab 1942 die dortige Abteilung für Roggen- und Maiszüchtung. Im Juli 1946 übernahm er die Leitung der Abteilung für Forstpflanzenzüchtung des wiedereröffneten Müncheberger Institutes. Mit der späteren Ausgliederung seiner Abteilung verließ auch er das Institut.
"Herr Dr. Schröck hat von mir die Vollmacht erhalten, das für die obengenannten Maßnahmen und Arbeiten erforderliche Personal einzustellen und zu beschäftigen. Das Ziel ist, das Institut möglichst schnell wieder arbeitsfähig zu machen, um der Land- und Ernährungswirtschaft dadurch zu helfen" (Vollmacht von Prof. B. Husfeld, 13. Sept. 1945).
"Am 1. Oktober 1945 eröffnete ich das Institut wieder, nachdem ich dasselbe Ende Sept. von der russischen Kommandantur Müncheberg übernommen hatte" (Lebenslauf Dr. O. Schröck).
Am 19. Juli 1946 wurde das Institut von der Deutschen Wirtschaftskommission in der sowjetischen Besatzungszone übernommen und - geführt von einem Direktorium unter der Leitung von Prof. Husfeld (1900-1970) - als "Zentralforschungsanstalt für Pflanzenzucht (Erwin-Baur-Institut)" bezeichnet. Zu dieser Zeit war ein Teil der Gewächshäuser wieder in Betrieb und der Mangel an Spannvieh sowie motorischer Zugkraft weitgehend behoben.
Nach Dr. Husfelds Fortgang in den Westen 1947 - er gründete auf dem Geilweilerhof das Institut für Rebenzüchtung; ab 1966 Bundesforschungsanstalt - leitete der ehemalige Schüler und Mitarbeiter Baurs, der 1936 als Nicht-Nationalsozialist entlassene Getreidezüchter Prof. Dr. Hermann Kuckuck (1903-92), als erster nachkriegszeitlicher Direktor von 1948 an das Institut, wobei er auch wieder eine Abteilung Getreidezüchtung einrichtete. Er hatte wie Husfeld in Berlin Landwirtschaft studiert. Für ihn galt es, "beim Wiederaufbau mit den näherliegenden und vordringlichen Problemen der praktischen Züchtungsforschung zu beginnen" und die Grundlagenforschung zunächst anderen Instituten zu überlassen (Kuckuck & Schmidt 1948: 135).
1948 beschäftigte das Institut bereits wieder 7 Wissenschaftler, 63 Angestellte und 250 Lohnempfänger. "Die Zuchtarbeiten werden auf solche Kulturarten beschränkt, für deren Bearbeitung in Müncheberg die natürlichen Verhältnisse vorhanden sind und für die eine besondere wirtschaftliche Notwendigkeit vorliegt. Hierzu gehören vor allem die verschiedenen Obstsorten, Forstpflanzen, Lupinen, Futterpflanzen für leichte Böden, Roggen, Kartoffeln und Ölpflanzen" (Kuckuck & Schmidt 1948: 135).
Im Zusammenhang mit seiner unverholenen Ablehnung der wissenschaftlichen Lehre Lyssenkos schied Kuckuck im Jahre 1950 aus. Nach seinem Fortgang übernahm bis Sommer 1951 der Obstzüchter Prof. Dr. Martin Schmidt (1905-1955) die Institutsleitung. Prof. Schmidt studierte Naturwissenschaften in Tübingen, München sowie Göttingen und wurde 1929 an der Universität über ein genetisches Thema an Moosen promoviert. Ab 1932 war er in Müncheberg, zunächst als Volontär und Stipendiat, ab 1934 dann als Leiter der Abteilung Baumobstzüchtung, tätig. 1943 habilitierte er sich in Berlin und konnte 1949 einen Lehrauftrag an der Humboldt-Universität zu Berlin übernehmen.
Die zunächst vorgenommene - wenn auch gezwungenermaßen schmale - Fortsetzung der Züchtungsforschung in Müncheberg erwies sich als sehr günstig bei Pflanzen mit langer Generationsfolge wie besonders den Obstbäumen: "Beim Baumobst vor allem sind die ersten zehn Jahre nach dem Aufbau eines genügend großen Sämlingsmaterials in des Wortes wahrster Bedeutung ertraglos" (Schmidt 1948: 135).
Der ehemalige Mitarbeiter Dr. v. Sengbusch wurde nach dem Krieg in Westdeutschland ein bedeutender Erdbeerzüchter. Seine wichtigste Erdbeersorte, deren Züchtungsbeginn in das Jahr 1941 zurückreicht, wurde 1954 als "Senga Sengana" in den Handel gebracht.
Sogar einigen Müncheberger Rebsorten war, wohl gefördert durch die Fortsetzung der Rebenforschung durch Prof. Husfeld in Südwestdeutschland, ein langes Weiterleben beschieden. "Die Sorte 'Aris' hieß bei uns am Geilweilerhof oft kurz 'Sbl'. Die Zuchtnummer stammt aus Müncheberg und setzt sich tatsächlich aus Quartier, Zeilen und Stocknummer zusammen, also: Sbl. 2-19-58: Seeblick 2. Quartier, Zeile 19, Stock 58" (mündl. Mitt. Dr. Martin Klenert, Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof 1998).
Gleiches gilt für die 'Siegfriedrebe' mit der Zuchtnummer F.S.4-201-39: Fauler See 4. Quartier, Zeile 201, Stock 39. Aris und Siegfriedrebe wurden noch in den 70er bzw. 80er Jahren auf Flaschen gezogen.
Neuer Schwerpunkt
Laut Verfügung des Ministers für Land- und Forstwirtschaft der DDR erhielt das Institut mit Wirkung vom 1. Juli 1951 einen neuen Schwerpunkt und wurde umbenannt in "Zentralforschungsanstalt für Acker- und Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung". Direktor wurde Prof. Dr. Erich Rübensam.
Weiter: 1952-1969: Institut für Acker- und Pflanzenbau | ||
Zurück: 1945-1955: Weiterführung als Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln-Vogelsang |