Dunkle Mächte
oder: Über Radieschen, die Reize von Radikalen reduzieren.
„Treten Sie näher, kommen Sie ran! Hier gibts die gesündesten Radieschen der Welt für Ihr gutes Geld! Voller Anthocyann! Treten Sie näher, kommen Sie ran!“
Liebe Leser:innen! Jetzt ist es passiert: Ich bin völlig verrückt geworden!
Nein, keine Angst, es geht mir gut, sehr gut sogar! Meine Pflanzenzüchtung hat ein erstes Juwel hervorgebracht: Das Gesundheitsradieschen!
Ab heute gibts kein Gratis-Saatgut mehr von mir! Ich gehe unter die Verkäufer – und fange an, die zweite Million zu verdienen (mit der ersten hats ja leider nicht geklappt).
Also: Wer die Radieschen nicht so bald von unten betrachten will, der sollte sich beeilen!
Ach, wer schon ein paar Beiträge hier gelesen hat, weiß, dass ich mich selbst und das Leben nicht allzu ernst nehme, und auch meine Radieschenzüchtung mehr zum Spaß betreibe; aber ich bin doch schon ziemlich beeindruckt, dass nach nur zwei-maliger Auswahl nahezu 100% violette Radieschen in meinem Beet gewachsen sind.
Das Wunder von der Radieschenvermehrung
Die Geschichte der Entdeckung des „schwarzen“ Radieschens habt Ihr ja schon gelesen. Wie ich es mit Müh und Not geschafft habe, dieses besondere Knöllchen zu erhalten und sogar zu vermehren, grenzte wirklich an ein Wunder.
Jetzt starte ich die dritte (oder die vierte?) Vermehrungsrunde und bin mir mittlerweile sicher, dass Radieschen wieder anwachsen, wenn ich sie auszupfe, begutachte und wieder einpflanze, obwohl sie es mit weitaus mehr Samen honorieren, wenn ich sie am Ort ihrer Geburt weiterwachsen und blühen lasse.
In diesem Jahr habe ich ihnen gleich beim Umpflanzen die größeren Blätter unten genommen, da diese in den Vorjahren zumeist vertrocknet sind. Ich bin der Meinung, dass die Samen-Radieschen so weniger gefährdet sind, vollständig zu vertrocknen.
Ist halt wieder so’n Experiment…
Möglicherweise habe ich sie ein bisschen zu nah zusammen gepflanzt. Samen-Radieschen werden doch verdammt groß und sparrig…
Aber ansonsten bin ich mit der Entwicklung bis hierher zufrieden.
Ich finde, Radieschen zu vermehren, ist ziemlich einfach, auch wenn vielleicht jemand meint, dass fünf bis zehn Pflanzen auf Dauer zu wenig für eine gesunde, genetische Vielfalt sind.
Ich werds sehen – im Notfall habe ich ja noch meine weiße Zuchtlinie, die ich wieder einkreuzen kann (die sind leider noch nicht so weit, dass ich sie vorzeigen kann).
Falls ich nicht bis dahin schon den einen oder die andere von Euch animiert habe, sich ebenfalls als Radieschen-Züchter:in zu betätigen; der oder die könnte mir im Falle einer übermäßigen Gendrift meiner Radieschen dann mit potentem Saatgut aushelfen. Möglicherweise züchtet sich ja jemand auch eigene violette Radieschen; dann könnte uns ein (un)regelmäßiger Saatgut-Tausch helfen, Inzucht zu vermeiden…
Im allerschlimmsten Fall muss ich mir halt wieder Profi-Saatgut kaufen; doch davor möchte ich erstmal wissen, was das Saatgut in den „Bunten Tütchen“ wirklich taugt…
Anthocyan-haltige Radieschen und die menschliche Gesundheit
Jetzt habe ich Dich vielleicht mit meiner vollmundigen Titel-Werbung für anthocyan-haltige, anti-oxidierende Radieschen hier her gelockt und erzähle Dir dann nur, wie ich sie gemacht habe und dass Du Dir auch selbst welche machen kannst; das ist wirklich gemein.
Nein, nein, nein, ein paar Worte will ich schon noch zur gesundheitlichen Wirkung von Anthocyanen und zu lebensmittel-induzierten Emotionen fahren lassen.
Erst einmal gestehe ich kleinlaut, dass ich garnicht weiß, ob meine Radieschen überhaupt Anthocyan enthalten, obwohl sie meine Finger dunkel gefärbt haben; ich habe das nicht feststellen lassen.
Aber zu Anthocyanen allgemein habe ich eine Doktorarbeit mit dem Titel „Untersuchungen zum Metabolismus, zur Bioverfügbarkeit und zur antioxidativen Wirkung von Anthocyanen“, nein, nicht verfasst, nur studiert und möchte hier das Ergebnis zitieren, zu dem ihr Autor, Dr. Jens Fleschhut, gekommen ist:
Zusätzliche Anthocyane bringen nix? Das klingt abtörnend.
„Und das meinst Du mit lebensmittel-induzierten Emotionen?“
O nein! Entschuldigung! Das genaue Gegenteil ist damit natürlich gemeint! Ich erklärs ma kurz:
Wir leben in einer Marktwirtschaft, und jede:r muss etwas verkaufen, um etwas anderes kaufen zu können. Normale Lebensmittel anzubieten, bringt kaum was, da wir alle schon ziemlich satt sind von dem vielen Zeug, das produziert wird. Lebensmittel müssen deshalb mehr bieten als einfache Sättigung – und was ist dazu besser geeignet als positive Emotion? Lebensmittel, die Glücksgefühle auslösen! Für diese bezahlt mensch sogar gern ein paar Euro mehr…
„Für Konsumenten von Öko-Produkten sind Wohlbefinden und Gesundheitswirkung ein Hauptkaufmotiv, und ein wichtigeres als der Geschmack“, meint ein Projekt-Team an der Universität Hohenheim mit dem bezeichnenden Namen „Eat more“ und beruft sich dabei auf das Ökobarometer von 2017, das im Rahmen des „Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft“ (BÖLN) jährlich die Stimmung im Bio-Markt misst.
Stinknormale, rote Radieschen können nur von Discountern verramscht werden; aber dunkel-violette Radieschen mit hohem Anthocyan-Gehalt versprechen Gesundheit und Wohlbefinden und können deshalb Höchstpreise erzielen!
Ihr seht, ich bin auf einem guten Weg…
Ach, wo sind die Lebensmittel, die Bewusstsein induzieren?
Hallo in den Garten, zu den bewusstsein(s)induzierenden Lebensmitteln fallen mir derzeit die Genussmittel Erdbeere und Spargel…bis zum Abwinken ein.
Grüße vom Niederrhein
Brigitte
Liebe Brigitte,
Bei Erdbeeren und Spargel bis zum Abwinken habe ich Bedenken, dass das Bewusstsein getrübt wird; solche „Luxusgüter“ sollte mensch schon bewusst genießen…
Viele Grüße von der Nieder-Oder an den Niederrhein, J:)
Huhu, schön mal wieder was von dir zu lesen. Ich wäre froh, wenn es bei mir mal mit den Radieschen klappen würden. Meine bilden keine Knolle. Kannst du mir einen Tipp geben woran das liegen könnte?
Lg Meli
Hallo Meli,
danke für Deinen Kommentar!
Bilden Deine Radieschen nie Knollen, egal welches Saatgut Du verwendest? Hast Du verschiedene Saatgut-Herkünfte getestet?
Wenn Du hier mit „Ja“ antwortest, sollte es nicht am Saatgut liegen; bei „Nein“ solltest Du mal anderes Saatgut verwenden.
Ansonsten bleibt Dein Anbau…
Zu viel oder zu wenig Dünger? Boden mit zu viel Pflanzenstoffen (zu viel Humus)?
Tja, es ist schwierig, Tipps zu geben, wenn ich Deinen Anbau nicht kenne…
Ich habe bei meinem selbst gewonnenen Saatgut in diesem Jahr auch Radieschen dabei, die keine (oder erst sehr spät eine) Knolle gebildet haben; solche Radieschen muss ich natürlich von der Weitervermehrung ausschließen.
Ich hoffe, es klappt auch bei Dir mal mit Radieschen; ansonsten müsstest Du noch mal ausführlicher Deinen Anbau und Deine Anbaubedingungen beschreiben…
Liebe Grüße, J:)rgen