F1, F2, F3, hybrid-frei ist die Paprika
oder: Was F1-Saatgut ist, wie es hergestellt wird und wann man es verwenden sollte.
Ganz so schnell wie im Titel versprochen geht das zwar nicht, aber spätestens nach zehn Generationen sollte aus jeder F1-Paprika eine samenfeste Sorte geworden sein.
Doch der Reihe nach…
Erst muss mal wieder gesät werden und dazu braucht man Paprikasamen.
Hobby-Gärtner*innen, die mit dem Paprika-Anbau beginnen, stellen sich möglicherweise folgende Fragen (aber auch jede*r andere kann sie sich stellen):
- Soll ich Samen kaufen oder kann ich auch die aus gekauften Früchten nehmen?
- Will ich später Samen aus eigener Ernte gewinnen?
- Soll ich dann nur Samen von samenfesten Sorten oder auch die von F1-Pflanzen benutzen?
Am Ende dieses Beitrags sollten die Antworten klar sein.
Das Hauptthema des heutigen Beitrag ist „F1-Saatgut“ und zwar in all seinen Facetten, von der Herstellung, über seine Vor- und Nachteile für Züchter, Landwirtschaft und Hobby-Gärtner*innen bis zu der Frage, ob man auch die Samen von F1-Pflanzen als Saatgut verwenden kann.
F1-Saatgut und Hybrid-Saatgut sind übrigens zwei Ausdrücke für die gleiche Sache.
Die Paprika muss dabei als Beispiel herhalten.
Wenn ich nachfolgend von „Paprika“ schreibe, meine ich alle Sorten, die zur Gattung „Capsicum“ gerechnet werden, also Block-, Spitz- und Tomatenpaprika sowie Pepperoni, aber auch Chillis, Chalapenjos (Jalapeños), Habaneros oder wie die verwandten Sorten alle heißen.
Der größte Teil der Paprika-Sorten wird von Botanikern der Art „Capsicum annuum“ zugerechnet; daneben gibt es aber auch ein paar Sorten, die zu den Arten Capsicum frutecsens, Capsicum chinense, Capsicum pubescens oder Capsicum baccatum gezählt werden (ich hätte statt „Capsicum“ immer auch „C.“ schreiben können).
Ich bitte, den Unterschied zwischen „Arten“ und „Sorten“ zu beachten. „Sorten“ ist eine Bezeichnung für Gruppen innerhalb von Arten.
Da der Beitrag wieder endlos lang geworden ist, füge ich ihm hier oben eine kurze Übersicht der Kapitel an, in die ich ihn unterteilt habe; mit einem Klick auf die Überschriften kannst Du direkt zu den einzelnen Abschnitten springen.
- Paprika-Saatgut in „Bunten Tütchen“
- Die Preisfrage bei Paprika-Samen
- Was bedeutet „F1“?
- Wie wird F1-Saatgut hergestellt?
- Vorteile von F1-Saatgut
- Brauchen Hobby-Gärtner*innen F1-Saatgut?
- Selbst Paprika-Samen ernten
- Kann man Samen von F1-Pflanzen nutzen?
Nur zur Sicherheit: Zum Anbau von Paprika erfährst Du hier nichts außer: Ich hatte meine 2018er-Paprikapflanzen Anfang März unter Kunstlicht vorgezogen, sie im Juni in den Folientunnel eingesetzt, ziemlich eng beieinander, sie ein paar Mal gewässert, vielleicht einmal gedüngt und ansonsten wieder vergeblich versucht, sie mit Stöckchen und Bindfaden vor dem Umbrechen insgesamt oder zumindest vor dem Abbrechen von Zweigen zu bewahren (in diesem Jahr werde ich es zur Abwechselung mal mit einer Variante des französischen Aufleitsystems versuchen).
Ich empfehle, die Seite „The Cultivar Series“ des Künstlers Uli Westphal zu besuchen; dort findet man neben einer großartigen „Maiskolbenkollektion“ eine wunderschöne Bildkomposition aus Formen und Farben von Paprika-Früchten. Enjoy!
Paprika-Saatgut in „Bunten Tütchen“
Obwohl ich mir ganz selten Paprika-Samen irgendwo kaufe, betrachte ich doch im Baumarkt immer mal wieder interessiert die Ständer mit den bunten Samen-Tütchen, wenn ich mir dort z. B. einen Sack Kompost für die Anzucht hole; denn neben Online-Shops sind Baumärkte meine Hauptquellen für Sämereien.
So habe ich neulich (am 2. Februar 2019) mal ein Auge auf die Paprika-Samen geworfen, die in KIEPENKERL-Tütchen dort angeboten wurden.
Zu Hause schaute ich mir das Sortiment im Internet-Shop der Firma NEBELUNG, die die Marke „KIEPENKERL“ vertreibt, noch einmal genauer an.
Ich übertrug zahlreiche Angaben, wie (Sorten-)Namen, Preis, Anzahl der Körner im Tütchen, fein säuberlich in eine Kladde, um mir einen Überblick zu verschaffen.
Insgesamt fand ich 29 Paprika- und Peperoni-Sorten in der Kiepe vom KIEPENKERL.
Auf 19 Tüten stand irgendwo „F1“, 10 trugen diesen Aufdruck nicht.
Die Züchter bzw. Inhaber der Schutzrechte der meisten F1-„Sorten“ konnte ich in der „Plant variety database“ der Europäischen Kommission ausfindig machen.
Die niederländische Saatzucht-Firma ENZA ZADEN steht dabei an erster Stelle; sie fand ich sieben Mal. Die (mittlerweile BASF-Tochter gewordene) Firma NUNHEMS zwei Mal, die Unternehmen BEJO, SAIS, HILD-Samen, DE RUITER und DE BOLSTER je einmal; drei Mal wurde die „Sorten“bezeichnung durch ein „Registered“-Zeichen geschützt und zwei Mal fehlten „Sorten“angaben.
Die Preisfrage bei Paprikasamen
Wenn ich mir Samentütchen anschaue, werfe ich natürlich immer auch ein Auge auf die Preise. Das ist in Baumärkten nicht einfach, sind die Preise doch meistens in verschiedene Kategorien von A – Z unterteilt und hängen etwas abseits auf einer Tafel: Erst muss man den zum Tütchen gehörigen Buchstaben finden, um ihn anschließend noch mal auf der Tafel zu suchen; erst dann weiß man, was das Tütchen kostet (sofern man nicht in der Zeile verrutscht).
Im Internet ist das etwas leichter…
…und niemand sieht dort, wie mir die Kinnlade runterklappt: Für die F1-Tütchen muss man in einigen Fällen satte 5,49 € hinblättern, für ein Tütchen in dem 5 (ich würde schreiben „in Worten: fünf“; aber hier fehlen mir die Worte) Samen sind!
Wenn ich den Preis für ein Samenkorn aller im Sortiment KIEPENKERL angebotenen F1-Paprika berechne, komme ich auf 0,68 €.
Der Durchnittspreis eines Körnchens der Sorten, bei denen der F1-Aufdruck fehlt, liegt bei 0,10 €.
Nun sind auch die „F1-freien“ Sorten nicht in jedem Fall billiger; 7 Samen „Roter Augsburger“ kosten 4,39 € und fünf Samen der orange-farbigen Neuheit „Kyra“ ebenfalls 5,49 €.
Trotzdem finde ich den Preisunterschied zwischen F1- und Nicht-F1-Samen recht beachtlich; ich nehme an, dass es dafür einen Grund gibt.
Was ist F1-Saatgut?
Ich erkläre jetzt lang und breit, was es mit F1-Saatgut auf sich hat, was man darunter versteht und wie es hergestellt wird, nur damit ich das auch wenigstens ein Mal getan habe. Darüber hinaus möchte ich sicher sein, dass Du keinem von den vielen Missverständnissen aufsitzt, die über F1-Saatgut kursieren.
Ich fange bei Adam und Eva an (ich mach’s auch nur einmal, nur hier! Versprochen!)
Also.
„F“ steht für „Filial“, was vom lateinischen Wortstamm „fili-“ (für „kind-“ – siehe filia=Tochter, filius=Sohn, filialis=kindlich) abgeleitet ist. „F1“ soll eine 1. Generation bezeichnen, die Kinder also, die aus der „Paarung“ zweier Eltern entstehen.
Häh? Sind die Eltern keine Generation, haben die keine Zahl?
Sehr gute Frage! Ich habe mich bisher nicht gefragt, warum Generationen überhaupt gezählt werden und welche Generation als die erste anzusehen ist.
Eine solche Zählung der Generationen hat sich auch erst eingebürgert, seit man die Regelmäßigkeiten der Vererbung erkannt und anzuwenden gelernt hat. Die Bezeichnung der Generationenfolge mit F1, F2, F3 usw. brauchen eigentlich nur Züchter, also Leute, die Organismen gezielt kreuzen (verpaaren), um neue Sorten und Rassen zu entwickeln.
Die Elternpflanzen, die Züchter*innen miteinander „verpaaren“, stehen am Anfang der Zählung, tragen sozusagen die „0“; ihre Kinder sind dann die 1. Generation und tragen ergo die Bezeichnung „F1“. Wenn diese Kinder wiederum untereinander verpaart werden, erhalten deren Kinder die Bezeichnung „F2“ für „2. Generation“. Und immer so weiter.
So, ich hoffe, das mit der Zählung ist geklärt.
Leider muss ich jetzt noch ein wenig auf die Ziele der Züchter*innen eingehen.
Früher war ihr Ziel, neue, möglichst reinerbige (der Fachausdruck lautet „homozygote“) Sorten mit besonders guten Eigenschaften zu schaffen, um dann die Samen dieser Sorten zu verkaufen.
„Reinerbig“ oder „homozygot“ nennt man Pflanzen, wenn in ihren Chromosomensätzen jeweils die gleichen Erb-Informationen verschlüsselt sind.
Das Gegenteil ist „gemischterbig“ oder „heterozygot“; dann sind in den Genen der zusammengehörigen (homologen) Chromosomen jeweils unterschiedliche Eigenschaften/Merkmale kodiert (fachsprachlich: Die Gene besitzen unterschiedliche Allele).
Die meisten Kulturpflanzen sind diploid, d. h., dass ihr Erbgut in zwei Chromosomensätzen kodiert ist, oft ausgedrückt mit „2n“. Manche Pflanzenarten haben mehrere Chromosomensätze, wie z. B. Kartoffeln (tetraploid, 4n), Weizen (hexaploid, 6n) und Erdbeeren (oktoploid, 8n).
Paprika-Pflanzen sind diploid und haben zumeist insgesamt 24 Chromosomen; dieser Tatbestand wird in Kurzform mit 2n = 24 umschrieben; sie sind also für meine Ausführungen ein brauchbares Beispiel.
Um neue Sorten zu erhalten, kreuzten die Züchter unterschiedliche Elternpflanzen mit gewünschten Eigenschaften, verpaarten anschließend ausgewählte Kinder so viele Generationen lang miteinander (F1 bis z. B. F10), bis die Kinder (wenigstens annähernd) reinerbig waren; denn nur bei Samen von reinerbigen Pflanzen konnten Züchter zusagen, dass daraus gezogene Pflanzen bestimmte Qualitäten besitzen.
Reinerbige Pflanzen sind samenfest, d. h., die Pflanzen, die ihren Samen entspringen, ihre Kinder also, haben die gleichen Eigenschaften und Merkmale wie die Elternpflanzen.
Die Züchter verkauften also früher Saatgut von samenfesten Sorten. Dieses Saatgut hätte die Bezeichnung „F0“ oder „F10“ (und höher) getragen. Wenn Pflanzen aber erst einmal (fast) reinerbig sind, ist die Zählung der Generationen sinnlos, da sich die Generationen kaum oder gar nicht mehr unterscheiden.
Früher wollten die Züchter*innen also Saatgut von möglichst reinerbigen, besonders ertragreichen Pflanzensorten verkaufen; dazu erhielten sie die besten Sorten in ihrem Zuchtgarten.
Heute ist das genaue Gegenteil der Fall: Die Züchter wollen das Saatgut von möglichst extrem gemischterbigen (heterozygoten) Pflanzen verkaufen.
Extrem gemischterbige Nachkommen erhält man, wenn man zwei reinerbige Elternpflanzen miteinander kreuzt, die sich in ihren Allelen maximal unterscheiden. Die Züchter erhalten deshalb heute in ihren Zuchtgärten vor allem „Sorten“ – sie werden hier besser „(Inzucht-)Linien“ genannt – deren wichtigste „Qualität“ es ist, sich maximal voneinander zu unterscheiden; diese Linien können durch generationenlange Inzucht teilweise sogar schwach und kümmerlich (degeneriert, depressiv) sein.
Die Samen, die bei dieser Kreuzung zweier maximal unterschiedlicher, reinerbiger Eltern entstehen, nennen die Züchter heute F1-Saatgut, da aus diesem Saatgut die Pflanzen der 1. Generation nach der Kreuzung erwachsen. Die entstehenden Pflanzen werden als „Hybride“, „Mischlinge“ oder „Bastarde“ bezeichnet, da die Erb-Informationen auf ihren beiden Chromosomensätzen extrem unterschiedlich sind.
Alle, die es noch nicht wissen, werden sich nun fragen: Warum verkaufen die Züchter heute lieber mischerbiges F1-Saatgut als das von guten, reinerbigen, samenfesten Sorten?
Diese Frage werde ich behandeln, nachdem ich den Herstellungsprozess ausführlich dargestellt habe; also Geduld!
Wie wird F1-Saatgut erzeugt?
Ein Züchtungsunternehmen braucht als Ausgangspunkt für F1-Saatgut, wie schon gesagt, zwei reinerbige, möglichst unterschiedliche (Inzucht-)Linien, die es miteinander kreuzen kann. Die Samen, die nach einer solchen Kreuzung entstehen, sind dann das gewünschte Saatgut.
Das hört sich einfach an; aber schauen wir dem Züchter mal ein wenig genauer auf die Finger.
Folgende Arbeitsschritte stehen an:
- die gewünschten Eigenschaften der F1-Pflanzen festlegen
- die passenden Pflanzen finden, die diese Eigenschaften besitzen
- jahrelange Kreuzungen vornehmen, um diese Eigenschaften in mindestens zwei, besser: mehreren Pflanzen zu vereinen
- diese Pflanzen vermehren und dabei durch Selbstbefruchtung über acht bis zehn Generationen hinweg reinerbig, zu „(Inzucht-)Linien“ machen
- testen, welche Linien nach der Kreuzung die besten Nachkommen liefern
- testen, welche Linie am besten als „Vater-“ und welche als „Mutter“-Linie geeignet ist
- bei der Kreuzung der beiden erwählten Linien zur Saatgutgewinnung die Selbstbestäubung der „Mutter“-Pflanzen verhindern
Eine Menge Arbeit also, die zu bewältigen ist.
Früher war das langwierig und mit viel Handarbeit verbunden – wie überall.
Dem Züchter ergeht es nicht anders als dem Landwirt: Auch er sinnt ständig auf Optimierungen, um im Konkurrenzkampf der Züchter zu überleben. Auch er fragt sich: „Wie lässt sich F1-Saatgut effektiver, d. h., kostengünstiger erzeugen?“ Jede Chance dazu will/muss er nutzen.
Teilweise finden die Pflanzenzuchtunternehmen solche Verbesserungen in eigenen Forschungslaboren heraus, zu weitaus größeren Teilen werden ihnen die optimierenden Erkenntnisse aber von öffentlich geförderten Universitäten und Forschungseinrichtungen gratis geliefert.
Klar, ein Züchter muss auf jeden Fall ein paar Jahre investieren, um F1-Saatgut gewinnen zu können. Dazu kommen dann bestimmte Schwierigkeiten, also in einigen Fällen zumindest.
Zum Beispiel bei Fremdbefruchtern.
Weiß jede*r Leser*in, was ein „Fremdbefruchter“ ist?
Ja, liebe*r Wissensdurstige*r, das ist harter Stoff, das ist kein Lesevergnügen hier!
„Fremdbefruchter“ werden die Pflanzenarten genannt, die nur vom Pollen einer anderen Pflanze derselben Art befruchtet werden können.
Im Gegensatz zu den „Selbstbefruchtern“, die sich selbst befruchten können: Der Pollen (der männliche Teil) der Selbstbefruchterpflanze kann die Eizelle (den weiblichen Teil) „seiner“ Blüte befruchten (soll ich die nun glücklich preisen?).
Ihr wisst, dass die meisten Blüten zwittrig sind, d. h., dass sie sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsorgane in sich vereinen, oder?
Es tut mir aufrichtig leid, dass ich so ausführlich werden muss; aber ich weiß ja nicht, was Ihr schon wisst und was nicht.
Bei den Fremdbefruchtern (zu denen zählen z. B. Möhre, Zwiebel, Mais und Kohl) hat der Züchter ordentlich Arbeit; denn Fremdbefruchter wollen nicht freiwillig einheitlich (homozygot) werden, die wollen sich untereinander wenigstens ein wenig unterscheiden (sehr sympathisch, diese Fremdbefruchter!)
Aber der Züchter hat so seine Möglichkeiten, ihnen diese Eigenwilligkeit auszutreiben: Er zwingt sie brutal, sich selbst zu befruchten, sogar sieben bis acht Generationen hintereinander.
Oder er schafft es, die Reinerbigkeit im Labor mit Hilfe der so genannten Haploiden-Züchtung (auch Dihaploidentechnik genannt) herzustellen.
Bis die Fremdbefruchter-Inzuchtlinien echt am Stock gehen. Kümmern. Kränkeln. Da kennt der Züchter kein Erbarmen. Er will sie richtig reinerbig und damit leiden sehen.
Nein, will er natürlich nicht. Ist ja kein Sadist, so’n Züchter (ein bisschen Frankenstein vielleicht). Er würde es lieber sehen, wenn die Fremdbefruchter bei seiner Inzucht genau so proper dastehen würden wie die Selbstbefruchter, denen Selbstbefruchtung richtig Spaß macht.
Na, vielleicht nicht ganz so gut; denn der Züchter wird am Ende umso mehr belohnt, je kümmerlicher und unterschiedlicher seine Inzucht-Linien sind.
So, jetzt ist der Züchter fast am Ziel: Er hat zwei Inzucht-Linien, die beide zusammen alle Eigenschaften besitzen, die er seinen neuen Kreaturen, den F1-Pflanzen, zukommen lassen will.
Er kann also Luft holen für den großen Jubel über seine neue Schöpfung, die alle Wunscheigenschaften in sich vereint. Jetzt muss er „nur“ noch seine zwei „elenden“ Inzucht-Linien miteinander verpaaren: Eine soll nämlich „Vater“ und eine „Mutter“ spielen.
Wir wollen den armen Züchter(konzern) mal ein wenig bemitleiden: Er hat bis hierher nicht nur mit viel Einsatz einige „Kümmerlinien“ erzeugen müssen, jetzt muss er auch noch herausfinden, welche dieser Linien miteinander den größten, gewünschten Erfolg produzieren und ob eine Linie besser als „Vater“- oder als „Mutter“-Linie zu gebrauchen ist.
Normalerweise, also in früheren Zeiten (Hybrid-Zucht gibt es seit ungefähr 1915), brauchte der Züchter für jeden Test eine Anbauperiode und musste dann noch zählen, wiegen und messen; erst dann konnte er das Ergebnis beurteilen. Heute lässt er viele Eigenschaften ruckzuck im Labor checken. Hat der „Mischling“ eine gewünschte Eigenschaft oder nicht? Dauert vielleicht ein paar Tage.
So ein Labor mit der entsprechenden Mannschaft muss sich ein Züchter(konzern) aber auch erst mal leisten können.
Nun gut, genug bemitleidet.
Nein, unser Mitleid muss noch wachsen, denn die Sache ist noch nicht durch!
Der Züchter hat nun zwei Inzuchtlinien als „Vater“ und „Mutter“ ausgewählt und es soll endlich zur Sache gehen, zur F1-Saatgut-Produktion: Der „Vater“ darf die „Mutter“ befruchten.
Ja, Ihr erinnert Euch: Die meisten Pflanzen haben zwittrige Blüten, d. h., männliche und weibliche Geschlechtsorgane in einer Blüte (z. B. Weizen, Roggen, Paprika, Möhre, Zwiebel, also die meisten Pflanzen), oder doch wenigstens männliche und weibliche Geschlechtsorgane in zwei verschiedenen Blüten an derselben Pflanze (wie z. B. Mais, Melone, Gurke, Kürbis, Zukkini).
In jedem Fall können sich auch zwei „Mutterpflanzen“ gegenseitig befruchten – was aber nicht Sinn der Sache ist – weil dann würde ja nur die Inzucht fortgesetzt und nur zum Teil oder bei Selbstbefruchtern gar kein brauchbares F1-Saatgut entstehen.
Um die Selbstbefruchtung der Mutterpflanzen auszuschließen, hat der Züchter entweder wieder viel Arbeit, eine Menge Glück, eine weitere elegante Labormethode zur Hand oder sucht noch verzweifelt nach einer Lösung.
Jede Menge Arbeit (und natürlich Kosten) hat er, wenn er die Staubgefäße (Antheren), in denen sich die Pollen befinden, der „Mutterpflanzen“ per Hand entfernen (lassen) muss; beim Mais ist das noch relativ einfach: Dort muss er nur die „Fahnen“ am oberen Ende der Pflanzen abschneiden (lassen; geht heute auch maschinell).
Doch stell‘ Dir mal vor, er müsste sämtlichen Blüten der „Mutterpflanzen“ seines Paprikafeldes mit der Pinzette die Staubgefäße auszupfen, und dass, so lange die Blüten noch geschlossen sind (und sich nicht selbst befruchtet haben)! Eine schier unlösbare und unbezahlbare Aufgabe!
Heutzutage zumindest; aber ein*e Züchter*in kann ja auch mal Glück haben.
Glück hat er oder sie, wenn in der Pflanzenart, von der F1-Saatgut gewonnen werden soll, eine genetisch bedingte Unfruchtbarkeit des männlichen Pollens natürlich vorhanden (und entdeckt) ist; dann kann er diese in die „Mutter“ einkreuzen und braucht sich um die Befruchtung der „Mutterpflanzen“ untereinander keine Sorgen mehr zu machen; sie haben dann sterilen/unfruchtbaren Pollen.
Natürlich kann sich der Züchter heutzutage auch hier das langwierige, natürliche Kreuzen durch „billigere“ Labormethoden sparen; dabei erspart er sich außerdem, dass andere, unerwünschte Eigenschaften übertragen werden.
Der Züchter kann die gewünschten Eigenschaften gezielt mit Hilfe gen-technischer Methoden in das Genom (den Erb-Code) der Elternpflanzen einsetzen, wenn das gesamte Genom einer Pflanzenart entschlüsselt ist und somit bekannt ist, an welchen Stellen bestimmte Eigenschaften sitzen.
Wenn nun die „Mutterlinie“ sterilen Pollen besitzt, sät der Züchter die Vater- und Mutterlinien nebeneinander aus und kann die Bienchen oder den Wind die F1-Samen für sich erzeugen lassen.
Bei manchen Pflanzenarten wurde noch keine genetische Unfruchtbarkeit des männlichen Pollens entdeckt, bei den Kohl-Arten z. B.
Auch hier helfen dem Züchter mittlerweile wissenschaftliche Erkenntnisse und labor-technische Methoden, wie z. B. die so genannte Protoplasten-Fusion.
Mit ihrer Hilfe lässt sich diese Eigenschaft trotzdem in seine Mutterpflanze einbringen. Die Kohl-Züchter nutzen diese Methode ausgiebig; sie verschmelzen Kohl-Zellen mit denen des verwandten Rettichs, der über eine „Cytoplasmatische männliche Sterilität“ („Cytoplasmatic male sterility“ oder ganz kurz: „CMS“) verfügt. Und schon lässt sich auch hier bequem F1-Saatgut erzeugen.
Wenn bei einer Pflanzenart, die außerdem besonders viel zur Ernährung der Menschheit beiträgt, wie z. B. Weizen, noch keine Pollensterilität gefunden wurde, suchen die Zuchtunternehmen zusammen mit den Forschungseinrichtungen fieberhaft danach oder nach anderen Möglichkeiten, die Mutterpflanzen zu „entmannen“.
Lassen wir das; ich als Mann spreche über solche Dinge nicht gerne.
Wenn die „Mutterlinie“ nun endlich auf einer der drei genannten Wege „unmännlich“ gemacht wurde, kann sie erfolgreich nur von der „Vaterlinie“ richtig befruchtet werden – und der Züchter kann endlich jubeln, das ersehnte F1-Saatgut ernten – und teuer verkaufen.
O nein, leider immer noch nicht! Zumindest kann er noch keine F1-Paprika-Samen verkaufen.
Eine genetisch bedingte Pollensterilität der „Mutterpflanzen“ ist ja erblich; deshalb kann die „Mutterlinie“ diese Unfruchtbarkeit an ihre „Kinder“, die F1-Pflanzen, vererben und diese würden dann keine Früchte/Samen bilden können; denn die F1-Paprika-Pflanzen könnten sich nicht selbst befruchten!
Bei Paprikas ist aber eine Befruchtung zwingend notwendig, damit sie Früchte bilden (auch das ist schon in Frage gestellt).
Der Züchter muss also noch sicherstellen, dass der Pollen der F1-Pflanzen nicht unfruchtbar ist. Bei den Paprikas muss der Züchter ein Gen in die „Vaterpflanze“ einkreuzen, das diese Sterilität wieder aufhebt (oder überdeckt), ein so genanntes „Restorer“(Reparatur)-Gen.
Bei Arten, von denen nicht die Früchte oder Samen genutzt werden, wie z. B. bei Möhren/Mohrrüben/Karotten, Zwiebeln, Radieschen oder Salat kann er diesen Schritt natürlich sparen; bei diesen Arten können die F1-Pflanzen Blüten mit sterilen Pollen besitzen.
Erst nach allen diesen Schritten kann ein Hybrid-Zuchtunternehmen endlich perfektes F1-Saatgut für perfekte Pflanzen verkaufen, die eine perfekte Ernte garantieren.
Von nun an muss ein Züchter(konzern) nur noch seine Inzucht-Linien am Leben erhalten und jedes Jahr wieder kreuzen, um die Anbauer unseres Gemüses mit Super-F1-Saatgut beliefern zu können.
Yeah! Geschafft!
Auch ihr habt es geschafft. Jetzt wisst Ihr hoffentlich, falls Ihr es noch nicht wusstet, was „F1-Saatgut“ bedeutet und wie es zustande kommt. Zumindest ganz grob.
Jetzt aber endlich zu der Frage, wozu dieses Saatgut gut ist?
Die Vorteile von F1-Saatgut
Die Pflanzen, die aus F1-Saatgut erwachsen, haben zwei besondere Qualitäten:
- Sie zeigen den Heterosis-Effekt („Hybrid vigor“ / Hybrid-Lebenskraft): Die Pflanzen, die aus dem F1-Saatgut erwachsen, also die Mischlinge, Bastarde, Hybride der F1-Generation zeichnen sich oft durch den so genannten „Heterosis-Effekt“ aus. Dieser Effekt bedeutet, dass bei der F1-Generation viele Eigenschaften wie Größe, Wüchsigkeit, Gesundheit, Fruchtbarkeit optimaler ausgeprägt sind als bei dem besten Elternteil. Der Ertrag solcher Pflanzen ist gegenüber dem sortenreiner Pflanzen deshalb zumeist (stark) erhöht.
Der Heterosis-Effekt bei der F1-Generation wurde 1908 erstmalig bei Mais als praktisch nutzbar erkannt und in den folgenden Jahren intensiv erforscht und dann auch tatsächlich genutzt. Schon 1959 waren über 95 % der Maispflanzen, die in den USA angebaut wurden, Hybrid-Saatgut entwachsen.
Heute werden im großtechnischen Anbau von Nahrungs- und Energiepflanzen nahezu ausschließlich F1-Mischlinge geerntet.
Warum Mischlinge oft vitaler sind als reinerbige Organismen, weiß noch keiner ganz genau.
- Sie besitzen eine maximale Einheitlichkeit: Alle F1-Kinder, also diese Mischlinge der 1. Generation, halten sich streng an die, von Gregor Mendel festgestellte, 1. Vererbungsregel: Sie sehen alle verdammt einheitlich aus; die Regel heißt deshalb auch „Uniformitätsregel“.
Diese Gleichförmigkeit der F1-Pflanzen und damit auch ihrer nutzbaren Teile macht diese bei den Großanbauern beliebt, weil die Ernte dann leichter ist, aber auch weil sie beim (Groß)Handel besser abzusetzen sind, der ein möglichst gleichförmiges Angebot für uns, die Verbraucher*innen, in seinen Auslagen präsentieren möchte.
Der Vorteil des Züchters ist der Nachteil des Nutzers
Dazu kommt noch ein Vorteil für den Hersteller des F1-Saatguts, der jedoch für den Nutzer dieses Saatguts ein Nachteil ist: F1-Saatgut ist „biologisch“ gegen gewerblichen Nachbau geschützt.
Ein Pflanzenzucht-Unternehmen kann deshalb sicher mit regelmäßigen Einnahmen rechnen, da es das Saatgut jedes Jahr wieder verkaufen kann; außerdem spart es alle Kosten, die es ansonsten dafür aufwenden muss, den Nachbau seines Saatguts zu verhindern bzw. unerlaubten Nachbau zu ermitteln.
Denn diese F1-(Hybrid-)Pflanzen, diese Mischlinge haben nämlich aus der Sicht des Saatgut-Produzenten den Vorteil, dass deren direkte Nachkommen, also die F2-Generation, der 2., von Gregor Mendel endeckten Regel unterliegen: Der Spaltungsregel.
Die Spaltungsregel besagt, dass die Pflanzen der F2-Generation nicht mehr alle gleich aussehen (und sich auch gegen Witterung und „Fressfeinde“ nicht gleich verhalten), sondern dass sich ihre Eigenschaften/Merkmale in einem bestimmten Verhältnis aufspalten, je nach dem, ob ein Merkmal dominant oder intermediär vererbt wird (dieses Zahlenverhältnis ist natürlich nur statistisch, d. h., an einer großen Menge, sicher zu erkennen).
Fall 1 (dominanter Erbgang), Aufspaltung 3:1: Drei Individuen der F2-Generation zeigen die dominante Eigenschaft (eines davon reinerbig = homozygot), ein Individuum zeigt die rezessive Eigenschaft (ebenfalls reinerbig).
Fall 2 (intermediärer Erbgang, Aufspaltung 1:2:1): Ein Individuum zeigt reinerbig die Eigenschaft der Mutter, zwei Teile sehen gemischt (intermediär) aus (sie sind heterozygot für dieses Merkmal) und ein Teil zeigt reinerbig die väterliche Eigenschaft.
Diese Betrachtung muss man für jedes einzelne Merkmal einer Pflanze der F2-Gerneration anstellen; denn die meisten Eigenschaften/Merkmale werden unabhängig voneinander vererbt (laut der 3. Vererbungsregel, die Gregor Mendel erkannt hat, der Unabhängigkeitsregel).
Durch diese Aufspaltung ist das „Eigentumsrecht“ des Züchters auf natürliche Weise geschützt und gesichert; denn die Pflanzenproduktionsunternehmen können die Samen ihrer F1-Pflanzen nicht einfach wieder als Saatgut nutzen, da aus ihnen eben eine bunt aufgespaltene Pflanzenmischung anstatt schöner, einheitlicher Pflanzen entsteht. Das ist für diese begreiflicherweise ein Ärgernis, würden sie doch die Samen der F1-Pflanzen gerne wieder aussäen, weil eigenes Saatgut viel preiswerter ist als das Hybrid-Saatgut. Doch durch diese vermaledeite Aufspaltung müssen sie zähneknirschend jedes Jahr wieder frisch erzeugtes F1-(Hybrid-)Saatgut beim Züchter bzw. bei einem Saatgut-Vermehrer kaufen, den der Züchter beauftragt hat, um wieder schönes, einheitliches Erntegut produzieren zu können.
Welchen Nutzen haben Hobby-Gärtner*innen von F1-Saatgut?
Ihr wollt nun selbst Paprika im Freiland oder im Gewächshaus ziehen und steht vor der Frage, ob Ihr F1- oder samenfestes Saatgut kaufen sollt?
Betrachtet man die Vorteile, die F1-Saatgut bietet – ich habe sie im vorigen Kapitel aufgelistet – kann sich jede*r selbst an fünf Fingern abzählen, ob diese auch für ihn zutreffen.
Trotzdem gehe ich sie mal der Reihe nach durch:
- der „Heterosis-Effekt“, sprich: die besondere Leistungsfähigkeit der Pflanzen, die aus F1-Saatgut entstehen:
Pflanzen aus F1-Saatgut sind genetisch homogen (jedes Samenkorn hat exakt die gleiche genetische Ausstattung); deshalb brauchen alle Pflanzen die gleichen, möglichst optimalen Bedingungen, um eine ertragreiche Ernte abzuwerfen.
Hobby-Gärtner*innen bieten aber zumeist keine optimalen Bedingungen und erwarten selten – es sei denn, sie sind Selbstversorger*innen (Entschuldigung, dieser kleine Seitenhieb musste sein!) – einen maximalen Ertrag. Ihnen ist wichtig, jedes Jahr überhaupt etwas zu ernten. Hobby-Gärtner*innen wollen sicher eine maximale, aber vor allem eine maximal sichere Ernte. - die Einheitlichkeit der Pflanzen:
Sind Pflanzen mit einheitlicher genetischer Ausstattung negativen Einflüssen ausgesetzt, wird der gesamte Pflanzenbestand die gleiche Reaktion zeigen, da keine Pflanzen darunter sind, die eventuell positiv oder wenigstens neutral reagieren könnten. Das bedeutet unter ungünstigen Umständen möglicherweise einen Totalverlust, keine Ernte, nada, nixda!
Außerdem sind die Pflanzen und deren „Früchte“, wie gesagt, sehr einheitlich in Geschmack und Aussehen. Hobby-Gärtner*innen erfreuen sich aber gerade an Unterschieden vor allem im Geschmack. Sie ernten nicht mit Maschinen und müssen auch nicht durch perfektes, gleichmäßiges Aussehen zum Verbrauch ihrer Früchte animiert werden.
Hobby-Gärtner*innen brauchen also kein genetisch extrem einheitliches Saatgut, sie brauchen eher Saatgut von Pflanzen, die genetisch vielfältig sind und die am besten noch an die eigenen Verhältnisse angepasst sind.
Solche genetisch variablen Pflanzen kann man aber eher aus Saatgut ziehen, das eine gewisse genetische Variabilität bietet: Das ist das Saatgut von samenfesten, reinerbigen Sorten.
Pflanzen, die speziell an die eigenen Verhältnisse angepasst sind, kann man sogar nur aus Saatgut ziehen, dass möglichst über Jahre von eigenen Pflanzen geerntet wurde.
Ich hoffe, diese Frage ist eindeutig und überzeugend beantwortet: Hobby-Gärtner*innen brauchen kein F1-Saatgut; es kann ihnen sogar schaden.
Hobby-Gärtner*innen sollten das Saatgut samenfester Sorten eindeutig bevorzugen! Schon aus Kostengründen.
Doch oft werden besonders interessante „Sorten“ nur als F1-Saatgut angeboten, was dann?
Um eine Antwort auf diese Frage zu bekommen, musst Du den Beitrag leider bis zu Ende lesen.
Eigene Paprika-Samen gewinnen
Dieser Abschnitt handelt nun von einer weiteren Möglichkeit, Paprika aus Samen zu ziehen, und zwar aus Samen, die man selbst gezogenen Früchten entnommen hat.
Wer samenfeste Sorten anbaut, kann zumindest theoretisch davon ausgehen, jedes Jahr die gleichen Pflanzen aus seinen selbst gewonnenen Samen ziehen zu können; aber auch diejenigen, die F1-Saatgut (aus welchen Gründen auch immer) verwenden, kann ich trösten: F2-Saatgut hat auch seine Vorteile! Gewinnt also auch Samen aus Euren F1-Pflanzen (dazu mehr im Schlusskapitel)!
Bevor man Paprikasamen gewinnen kann, müssen sich Samen bilden.
Wie und wann geschieht das bei Paprika-Pflanzen?
Paprika-Pflanzen befruchten sich in der Regel selbst, d. h., dass Pollen einer Blüte auf die Narbe derselben Blüte gelangt, bevor sich die Blüten so weit öffnen, dass Bienen und ähnlich nützliche Tiere zur Sache kommen können. Sie bilden also auch ohne Insekten Früchte und damit Samen aus, obwohl Insekten dazu einen Beitrag von über 30% leisten können, wenn sie freien Zugang zu den Blüten haben.
Wer seine Paprika-Pflanzen unter Insektenausschluss zieht, z. B. im Gewächshaus, sollte sie aber sicherheitshalber regelmäßig schütteln, damit auch alle Blüten sicher vom eigenen Pollen befruchtet werden – und sich genügend Früchte ausbilden; außerdem entwickeln sich die Früchte besser, je mehr Samen in ihnen enthalten sind.
Paprika bekommen keine Inzucht-Depressionen, wenn ihre Blüten nur vom eigenen Pollen befruchtet werden; sie schwächeln also im Laufe der Generationen nicht.
Außerdem bewirkt die übliche Selbstbefruchtung, dass sich verschiedene Paprikasorten nicht so leicht miteinander vermischen.
Wer verschiedene Sorten von Paprika, Pepperoni, Chillis usw. anbauen und trotzdem eigenes, sortenechtes Saatgut gewinnen will, für den ist das von Vorteil.
Aber auch bei den Paprika-Pflanzen gibt es das, was ich bei den Kürbissen neulich lernen musste: Sie gehören zu verschiedenen Arten (bitte „Arten“ nicht mit „Sorten“ verwechseln!). Paprika-Sorten, die verschiedenen Arten angehören, können sich (in der Regel) nicht miteinander vermischen. Ob sie zu unterschiedlichen Arten gehören, ist an ihren wissenschaftlichen, lateinischen Doppelnamen zu erkennen: Sind zumindest die zweiten Namensteile unterschiedlich, ist eine Vermischung unwahrscheinlich (aber nicht ausgeschlossen).
Wer nur eine Paprika-Sorte anbaut, braucht sich über Kreuzungen mit anderen Sorten sowieso keine Sorgen zu machen.
Ich, der ich an Kreuzungen immer brennend interessiert bin, kann versichern, dass ich bei mir noch keine Verkreuzungen von verschiedenen Paprikasorten feststellen konnte, obwohl ich immer mehrere Sorten dicht beieinander habe wachsen lassen.
Doch ich baue nur wenige Pflanzen an und kann die Samen mit möglichen Vermischungen aus diesem Grunde bisher aus reinem Zufall nicht erwischt haben.
Jetzt sind die Blüten Deiner Paprika-Pflanzen (irgendwie) befruchtet worden und es ist eine Paprikafrucht entstanden, die Samen enthält.
Jetzt geht’s an die Paprikasamenernte
Bei (fast) keiner Pflanzenart kann man leichter Samen gewinnen als bei Paprika-Pflanzen (nur bei Bohnen, Erbsen und Mais vielleicht).
Wenn sich Früchte bilden – die ausreifen und nicht vorzeitig faulen, wie bei mir zum Teil – kann man die Samen, die in jeder Frucht enthalten sein sollten (ja, die Samenlosigkeit ist auch ein Zuchtziel der Züchterunternehmen), herausschneiden, von der Plazenta abschaben, trocknen und im Folgejahr als Saatgut nutzen.
Wo sitzt die Schärfe von Paprikas?
Ich schiebe hier mal kurz ein, was ich auch neulich erst gelernt habe: „Plazenta“ werden der Boden und die schmalen Streifen innerhalb der Frucht genannt, an denen die Samen sitzen. Diese Teile sind vor allem für die Schärfe einer Frucht verantwortlich; in der Plazenta befindet sich der größte Teil des Capsaicins, das die Schärfe ausmacht (die Schärfe sitzt nicht in den Kernen, wie ich bisher geglaubt habe!)
Deshalb wascht Euch bitte die Hände, nachdem Ihr die Samen mit bloßen Fingern von der Plazenta scharfer Früchte gekratzt habt (nein, die Finger brennen nicht – nur die Augen, falls Ihr Euch mit den „scharfen“ Fingern mal durch dieselben wischt!)
Ich möchte Euch wenigstens gewarnt haben!
Das Schöne ist: Die Früchte müssen für die Samengewinnung nicht überreif werden; man kann also nicht nur Samen gewinnen, sondern auch das Fruchtfleisch noch essen.
So könnt Ihr über Jahre Samen Eurer eigenen Paprikasorte(n) gewinnen, sie an Eure Verhältnise anpassen und sehen, wie sie sich entwickelt.
Ich kann mich nicht zurückhalten, hier auf eine Masterarbeit aus Wien hinzuweisen, in der untersucht wurde, wie weit sich eine samenfeste Sorte, der „Rote Augsburger“ nämlich, der an verschiedenen Standorten von verschiedenen Menschen kultiviert wurde, über die Jahre verändert.(„Sortenerhaltung der Gemüsepaprikasorte ‘Roter Augsburger‘“); eine solche Arbeit begeistert mich.
Kann man Samen von F1-Pflanzen (F2-Saatgut) nutzen?
In diesem Kapitel geht es sowohl um Samen, die man seinen selbst gezogenen F1-Früchten als auch gekauften Früchten entnommen hat.
Die eigenen F1-Paprika-Früchte hat man aus gekauftem F1-Saatgut gezogen.
Die Paprika-Früchte des Handels – damit meine ich sowohl Bio-Paprika als auch konventionell angebaute – wurden (mit ziemlicher Sicherheit) von Großanbauern aus professionellem Massen-F1-Saatgut gezogen.
Das Saatgut des Massenanbaus ist heute nahezu ausschließlich F1-Saatgut.
Die Samen aus diesen Früchten, den aus eigenem F1-Saatgut gezogenen sowie den gekauften, wären demnach F2-Saatgut; aus ihm erwachsen die Kinder der 2. Generation (nach der ursprünglichen, gezielten Kreuzung durch eine*n Züchter*in).
Wie wir oben gelernt haben, spalten sich die Eigenschaften in dieser Generation maximal auf, sie werden also maximal neu gemischt und es sollten maximal unterschiedliche Pflanzen aus diesem Saatgut entstehen. Wenn die Ausgangslinien des F1-Saatguts auch noch kümmerliche Inzucht-Linien waren, wie das bei Fremdbefruchtern üblich ist, dann ist das für diejenigen, die vom Maximal-Ertrag abhängig sind, Grund genug, solches Saatgut nicht zu verwenden.
Aber Freizeit-Gärtner*innen haben ein anderes Verhältnis zum Maximal-Ertrag und außerdem sind Paprikas keine Fremd- sondern Selbstbefruchter; deshalb plädiere ich aus zwei Gründen dafür, das F2-Saatgut von Paprikas (und anderen Selbstbefruchter-Arten) uneingeschränkt zu verwenden.
Denn:
- ist F2-Saatgut eine hervorragende Ausgangsbasis für neue (eigene) Sorten.
- ist bei Selbstbefruchtern nicht mit extrem kümmerlichen Exemplaren zu rechnen; außerdem kann immer nur ein Teil der Samen männlich sterile Pflanzen hervorbringen
F2-Saatgut als Ausgangsbasis für neue (eigene) Sorten
Die maximal unterschiedlichen Pflanzen der F2-Generation stellen nicht nur für „die Natur“ ein hervorragendes Ausgangsmaterial für die Selektion dar: Man kann sich auch selbst das auswählen, was einem für den weiteren Anbau gefällt.
Man kann also Züchter*in spielen, zumindest eine Züchter*in „von früher“; denn früher, als noch hauptsächlich Saatgut von reinerbigen Pflanzen (statt F1-Saatgut) verkauft wurde, haben Züchter*innen genau aus dieser F2-Generation ihre neuen Sorten ausgelesen.
Warum soll man das nicht auch tun, wenn einem die Züchter solch hervorragendes Zuchtmaterial frei Haus liefern?
Außerdem: Gemischterbige (heterozygote) Pflanzen, also die F2-Pflanzen, die sich selbst befruchten, sind zum allergrößten Teil ohne besondere Auslese nach 10 Generationen wieder homozygot, also reinerbig.
Die automatische Zunahme der „Reinerbigen“ ist bei Selbstbefruchtern ein gesetzmäßiger Vorgang und kann berechnet werden (siehe den nachfolgenden Kasten, den ich einem Lehrbuch für Pflanzenzüchtung entnommen habe und den ich so interessant finde, dass ich ihn hier „als Beweis“ platzieren musste).
…Der Vorteil einer ramschmäßigen [2] Vermehrung von Kreuzungen besteht darin, daß bei Selbstbefruchtern im Laufe der Generationen eine Zunahme der Homozygoten und eine Abnahme der Heterozygoten erfolgt. Bei Kreuzung von zwei homozygoten Rassen, die sich in einem Allelpaar (A – a) [3] unterscheiden, besteht die F1 aus 100 % Heterozygoten. In der F2, wo eine Spaltung nach 1 AA : 2 Aa : 1 aa eintritt, sind nur noch 50 % Heterozygote vorhanden. Nimmt man an, daß jede F2-Pflanze vier Nachkommen erzeugt, so besteht die F3 aus: 4 AA : 2 AA : 4 Aa : 2 aa : 4 aa; d. h. die Zahl der Heterozygoten beträgt bereits nur noch 25%, also halb so viel wie in der F2. Bei Ableitung der Spaltungsverhältnisse in den folgenden Generationen erhält man die in Tab. 10 wiedergegebenen Werte.
Tab. 10. Abnahme der Heterozygoten bei Selbstbefruchtern | |||||
Generation | Zahl der Allelenpaare | ||||
---|---|---|---|---|---|
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | |
F1 | 100,00 % | 100,00 % | 100,00 % | 100,00 % | 100,00 % |
F2 | 50,00 % | 75,00 % | 87,50 % | 93,75 % | 96,87 % |
F3 | 25,00 % | 43,75 % | 57,81 % | 68,36 % | 76,27 % |
F4 | 12,50 % | 23,44 % | 33,01 % | 41,38 % | 48,71 % |
F5 | 6,25 % | 12,11 % | 17,60 % | 22,75 % | 27,57 % |
F6 | 3,12 % | 6,15 % | 9,09 % | 11,93 % | 14,68 % |
F7 | 1,56 % | 3,10 % | 4,61 % | 6,11 % | 7,58 % |
In gleicher Weise läßt sich auch die Verschiebung des Verhältnisses von Homozygoten bei Beteiligung mehrerer Allelenpaare ableiten [1]. In den ersten Generationen erfolgt zwar die Abnahme der Heterozygoten erheblich langsamer als bei monofaktoriellen Spaltungen, in der F8 – F10 sind aber auch nach Kreuzungen mit vielen Allelenpaaren praktisch nur noch homozygote Formen zu erwarten.
Bei einer ramschmäßigen Vermehrung findet aber nicht nur eine Zunahme der Homozygoten statt, sondern auch gleichzeitig eine natürliche Ausmerzung aller nicht an die jeweiligen Verhältnisse angepaßten Genotypen. Die natürliche Auslese wird umso wirksamer sein, je weniger günstig die Außenbedingungen sind, unter denen der Anbau erfolgt.…
[1] Die Zahl der Homozygoten kann nach der Formel ( 2G – 2 / 2G )n berechnet werden, wobei G die Zahl der Generationen und n die Zahl der Allelenpaare bedeutet.
aus: Hermann Kuckuck, Alois Mudra: Lehrbuch der allgemeinen Pflanzenzüchtung, S. Hirzel Verlag, Stuttgart, 1950
[2] Als „Ramsch“ oder „ramschmäßige Vermehrung“ wird eine gemeinsame Vermehrung von Kreuzungsnachkommen über mehrere Generationen hinweg bezeichnet, ohne dass eine züchterische Auslese stattfindet.
[3] Als „Allel“ wird die Ausprägung eines Merkmals bezeichnet, das durch ein Gen bestimmt wird. Für jedes Gen kann es viele Allele geben; so wären z. B. die Farben rot und weiß zwei verschiedene Allele des Gens, das die Blütenfarbe bestimmt.
Nach ein paar Jahren hat man zum allergrößten Teil wieder homozygote (reinerbige, einheitliche), sprich samenfeste Pflanzen, die obendrein an die eigenen Verhältnisse angepasst sind. Man hat „dehybridisiert“.
Diese fantastische Möglichkeit der eigenen Zucht ist ein weiterer Grund, keine Paprikasamen zu kaufen, bestenfalls nur einmal.
Wenn man selbst Saatgut gewinnt, ist es wurscht, ob man F1- oder samenfestes Saatgut kauft.
Ich werde also nach ein paar Anbaujahren, ohne dass ich irgendetwas Besonderes tun muss, meine eigenen Paprikasorten im Garten haben, Sorten, die niemand sonst hat, die meinen Vorstellungen entsprechen und die mit meinen Anbaumethoden zurechtkommen – und das alles mit kostenlosem Saatgut von guten Ausgangspflanzen.
Sie könnten zwar gen-technische Einsprengsel haben, aber die sind in Europa noch ziemlich unwahrscheinlich und außerdem muss ich gestehen, dass mich das nicht juckt, so lange das Ergebnis stimmt.
Sind die Pflanzen kümmerlich, die aus den Samen von F1-Pflanzen erwachsen?
Auch das F1-Saatgut für die Selbstbefruchter-Pflanze „Paprika“ wird aus der Kreuzung von zwei genetisch möglichst unterschiedlichen Linien gewonnen, das ist immer dasselbe; doch die beiden Linien werden bei Selbstbefruchtern ausdrücklich nicht als „Inzucht“-Linien bezeichnet, da bei Selbstbefruchtern „Inzucht“ normal ist.
Daraus folgt, dass keiner der beiden Kreuzungspartner bei Paprika-F1-Saatgut irgendwie schwächlich oder sonstwie „missgebildet“ ist (der „Heterosis-Effekt“ bei Selbstbefruchtern ist aus diesem Grunde weitaus geringer als bei Fremdbefruchtern).
Somit ist bei der Nachkommenschaft kaum mit besonderen „Ausreißern nach unten“ zu rechnen.
Auch die Vertreiber der Marke KIEPENKERL empfehlen, die Samen ihrer F1-„Sorten“ weiterzuverwenden.
Oder wie soll ich diesen Ratschlag, den ich auf der Webseite der Firma Nebelung (KIEPENKERL) las und in dem nicht zwischen samenfestem und F1-Saatgut unterschieden wird, anders verstehen:
Sind die Pflanzen steril, die man aus den Samen von F1-Pflanzen zieht?
Bei den scharfen und süßen Paprika-Sorten ist die CMS schon seit den 1950er Jahren bekannt. Dieser Gen-Defekt wird heutzutage in großem Maßstab genutzt, um F1-Paprika-Saatgut zu produzieren.
Der Züchter hat zwar dafür gesorgt, dass in der F1-Generation keine Pflanzen mit unfruchtbaren Pollen auftreten, aber das entsprechende Gen kann über die „Mutterlinie“ (deren Pollen ja steril sein muss) auf jeden Fall weitervererbt werden. Durch die neuen Kombinationen, die in der F2-Generation (und in späteren Generationen) entstehen, kann dieses Gen aber wieder wirksam werden.
Der Anteil kann nach den obigen Angaben zum Aufspaltungsverhältnis von dominanten und rezessiven Genen genau berechnet werden, wenn man weiß, wie die Ausgangslinien für das F1-Saatgut genetisch gestrickt sind. Das weiß aber nur der Hersteller des Saatguts.
Ganz grob (die Sache ist weitaus komplexer) sieht das ungefähr so aus: Wenn ein rezessives Gen in doppelter Ausführung (also reinerbig, ms/ms) vorliegt, führt das zu unfruchtbarem Pollen. Das „Restorer“-Gen der „Vater“-Linie sollte reinerbig dominant sein (Rf/Rf). Das führt dazu, dass alle F1-Pflanzen fertilen Pollen besitzen (ms/Rf). Wenn diese F1-Pflanzen sich nun wieder selbst befruchten, kommt es zu der oben schon genannten Verteilung: ms/ms ms/Rf ms/Rf Rf/Rf (1:2:1). Ein Viertel der Pflanzen (ms/ms) hat wieder sterilen Pollen.
Diese Paprika-Pflanzen bilden dann keine Früchte, wenn sie nicht von Insekten mit dem Pollen von fertilen Nachbarpflanzen bestäubt werden. Auch wenn Insekten Zutritt haben, bilden sie weitaus weniger Früchte als Pflanzen mit fertilen (fruchtbaren) Pollen; denn die Insekten mögen solche „Merkwürdigkeiten“ auch nicht.
Wenn man sein Saatgut selbst gewinnt, scheiden solche Pflanzen für die Samengewinnung schon allein wegen ihres mangelnden Fruchtbehangs aus – und schon hat man die Unfruchtbarkeit in seinem Saatgut ein Stück weit ausgemerzt.
Nach ein paar Jahren derartiger Selektion sollte sie ganz verschwunden sein.
Von Anfang meines Paprika-Anbaus an habe ich fast nur Pflanzen aus Samen gezogen, die ich wohlgeformten oder interessanten gekauften Speise-Paprikas entnommen hatte.
Im letzten Jahr stand auf einer Packung weißer Paprika sogar ausdrücklich „Sorte Creta, F1“.
Das Ernteergebnis der Pflanze, die aus den Samen der F1-Frucht „Creta“ entsprungen ist, kann sich meines Erachtens sehen lassen (ich würde sie sogar als meine ertragreichste Paprika-Pflanze im Jahr 2018 bezeichnen).
Auch sonst konnte ich im letzten Jahr nicht über eine klägliche Paprika-Ernte klagen. Ich hoffe, die eingestreuten Bilder beweisen das (im Gegensatz zur Auberginen-Ernte, die äußerst mickrig war, obwohl ich nur gekauftes Profi-Saatgut verwendet habe).
Also, liebe Kollegen und Kolleg*innen, lasst Euch nicht beirren: Gewinnt in jedem Fall eigenes Saatgut, gerade auch von Paprika-Pflanzen, egal, ob diese aus samenfestem Saatgut oder gemischterbigem F1-Saatgut erwachsen sind!
Der Weg führt letztlich immer zu reinerbigen, samenfesten Paprika-Pflanzen!
Nutzt auch ruhig die Samen aus gekauften Früchten! Dehybridisiert! Wählt aus! Züchtet! Schafft neue Sorten!
Es geht darum, die Vielfalt zu mehren!
Meine bisherige Paprika-Vielfalt von sieben „Sorten“ habe ich gerade um weitere sechs Sorten vermehrt. Ich habe es mir in diesem Fall leicht gemacht und sie einfach bei der Chilifee bestellt. Nur samenfeste Sorten. Ich muss gestehen, dass ich auch eine Zeitlang mit dem Riesen-Angebot vom Biogartenversand geliebäugelt habe.
„Leider“ wächst die Lust auf mehr bei mir, wenn ich mich so intensiv mit einer Pflanzenart beschäftige.
Im Moment habe ich das Gefühl, dass 2019 das „Jahr der Paprika“ wird (falsch: Es ist schon zum „Jahr der Gurke“ ausgerufen worden); ich werde eine Hälfte meiner Pflanzen im Freiland aussetzen.
Hallo hallo, sehr interessanter Artikel. Meine Frage: Bei Kürbis und Zucchini besteht angeblich die grosse Gefahr, aus den Samen dann „giftige“ Exemplare zu ziehen. Gibt es diese Gefahr auch bei Paprika, Peperoni etc?
Liebe Annelu, danke für Deinen Kommentar!
Die so häufig beschworene Gefahr besteht nicht einmal bei Kürbis und Zukkini; denn nur wenn Sorten der Kürbis-Art Cucurbita pepo (zu der auch die Zukkini gehören) in der Nähe blühen, die das giftige Cucurbitacin enthalten, können überhaupt „giftige“ Exemplare aus den Samen entstehen. Sorten der Kürbis-Arten C. moschata und C. maxima können sich nicht fruchtbar mit Sorten der Art C. pepo verkreuzen (hier habe ich mich darüber mal ausführlich ausgelassen).
Zumeist enthalten nur so genannte „Zierkürbisse“, also kleine, interessant aussehende Früchte das Cucurbitacin; aber heute sehen auch einige essbare Sorten so aus.
Ich will damit sagen, dass man sich selbst bei Kürbissen über „giftige“ Ergebnisse seiner Nachzuchten kaum Gedanken machen muss (Sorgen schon gar nicht); aber von giftigen Paprika und Pepperoni habe ich noch nie etwas gehört, so dass hier noch weniger Probleme zu befürchten sind.
Wenn man sich an die Regel hält, komisch oder unangenehm schmeckende Sachen nicht zu essen, kann sowieso nie etwas passieren…
Viele Grüße
Jürgen
Hallo Jürgen,
nachdem ich mir im letzten Jahr extra ein Gewächshaus nur für meine Paprika- und Melonenpflanzen zugelegt habe, ist mein Sortiment auch umfangreicher geworden. Und auch ich habe schon Samen von gekauften Paprikas oder Chilis getrocknet und ausgesät. Hat bei mir auch immer gut funktioniert.
Bei den Preisen für manche Sorten, haut es mich auch regelmäßig um. Wenn ich hier und da Samen bestelle oder kaufe – leider habe ich noch nicht bei allem Gemüse eigenes Saatgut gewonnen – dann stöbere ich leider viel zu oft und dann passiert es. Ich sehe eine tolle Sorte und kann nicht wiederstehen. So habe ich mir dieses Jahr auch neben anderen Sorten den Elefantenrüssel gekauft :). Letztes Jahr habe ich auch schon neue Sorten angebaut. So zum Beispiel die Glockenpaprika als Chilisorte. Die finde ich ja total hübsch. Hast Du zufällig Interesse an Samen? Ich habe auf Deinen Bildern bisher keine gesehen. Außerdem habe ich schon seit einigen Jahren Tomatenpaprika und Kirschpeperoni. Schreib mir einfach, wenn Du davon auch Samen möchtest.
Viele Grüße
Chrissi
Liebe Chrissi, ich würde mich sehr freuen, wenn Du mir ein paar Samen Deiner Glockenchili, Tomatenpaprika und Kirschpepperoni schicken würdest! (Den Elefantenrüssel hätte ich Dir dafür zurückschicken können!) Ich kann ja die Nase auch nicht voll kriegen! Bei Paprika warte ich noch auf meine ersten „Kreuzlinge“…
Viele Grüße, J:)
P.S.: Wenn Du irgendein Saatgut auf meinen Seiten entdeckst, dass Dir gefällt, melde Dich bitte umgehend!
Hallo Jürgen,
dann werde ich Dir mal einen Paprika/Chili-Brief fertig machen :). Wenn Du möchtest, packe ich Dir auch noch Samen der Tomatensorte Ungarische Ochsenherztomate dazu. Baust Du auch Meterbohnen an? Wenn nicht und wenn Du einen kleinen Platz zum Ranken im Folientunnel findest, lege ich noch welche dazu.
Vielen Dank auch für Dein Angebot! Mittlerweile habe ich viele Samen im eigenen Bestand. Letztes Jahr habe ich von einem guten Freund zum Geburtstag einen Karton mit vielen verschiedenen Tomatensorten bekommen. Davon hatte ich nur die wenigsten Sorten selber auch. Die Früchte hat seine Schwester, Inhaberin einer Gärtnerei, angebaut. Nachdem ich am Folgetag dann gemütlich einen Sortenverkostungsnachmittag gemacht habe, habe ich gleich von allen Sorten die Samen aufgehoben. Mittlerweile habe ich so viele Tomatensorten, dass ich gar nicht weiß, wo ich alle unterbringen soll. Wobei ich sagen muss, dass ich diese Sorgen wunderschön finde.
Ich habe schon hin und her überlegt. Pastinake wollte ich dieses Jahr mal wieder probieren. Wobei ich da bisher wenig Glück mit dem gekauften Saatgut hatte. Vielleicht hast Du auch eine Möhre, die anders aussieht als meine Möhrensorten – Du kennst ja meinen Beitrag zu Möhrenvielfalt. Auch über bunten Mangold würde ich mich freuen :) – bisher habe ich nur eigenen Samen bei welchem mit hellen Blättern und weißen Stängeln.
Viele Grüße
Chrissi
Hallo Chrissi, wir sollten bald mal eine Chat- oder Video-Standleitung aufbauen, um uns auszutauschen…
Ich schicke Dir in den nächsten Wochen (muss erst wieder in den Garten kommen) mal Möhren, Zwiebeln, Pastinaken, Sellerie und Rote Bete aus meiner Saatgutproduktion. Leider habe ich bisher auch nur grünen Mangold mit weißen Stängeln; aber wenn sich die Rote Bete im letzten Jahr eingemischt hat, gibts bald auch welchen mit roten Stängel…
Das wird wieder maximal spannend in diesem Jahr!
Liebe Grüße, J:)rgen
P.S.: Ich freue mich über jeden Samen!
Hallo Jürgen, ja die Chat-Standleitung wäre eine Idee :)
ich habe letztes Jahr Mangold als bunte Mischung ausgesät. Da sind welche mit gelben, orangefarbenen, roten und rosafarbenen Stängeln dabei. Gerade liegt Schnee darauf. Ich werde von jeder Farbvariante eine Pflanze stehen lassen. Da Mangold reichlich Samen liefert, kann ich Dir im Herbst gerne welchen schicken.
Ich lese wirklich gerne Deine Beiträge – auch weil ich mich an ganz vielen Stellen selber wiederfinde :).
Meinen Brief mit den Samen schicke ich Dir diese Woche auf den Weg – die Chilis und Paprikas wollen ja eher in die Erde.
Viele Grüße, Chrissi
Liebe Chrissi,
ja, das Gefühl habe ich auch, dass Du Spaß am Kreuzen und Vermehren (von Vielfalt) hast! Ich hoffe, wir werden noch mehr…
Wenn es Dir gelingt, von Deinem Bunten Mangold Samen zu gewinnen, würde ich mich freuen, welche zu bekommen; beim Mangold siehts bei mir noch ziemlich eintönig aus (auch wenn die Blattformen schon recht verschieden sind).
Ich freue mich auch auf Dein jetzt schon angekündigtes Saatgut, auch wenn ich es noch nicht so dringlich brauche, da ich in diesem Jahr keine Anzucht in meiner Wohnung betreibe (ich könnte mich damit rausreden, dass zur Zeit mein Home auch mein Office ist, aber ich hatte mir unabhängig davon vorgenommen, in diesem Jahr nur den Folientunnel dazu zu benutzen); bis Anfang April könntest Du Dir also Zeit lassen…
Viele Grüße und ein wunderbares Jahr für Dich!
J:)
bei so viel profundem Wissen hätte ich gerne eine Stellungnahme zu folgender Aussage (in einem Tomatenforum): es wurde behauptet, bei Paprika könne man (im Gegensatz zu Tomaten) die Auswirkungen einer Fremdbestäubung direkt an der entstehenden Frucht (Form, Farbe, Größe) erkennen. Kann/wie kann das sein? Gibt’s da Hinweise?
Viele Grüße Barbara
Liebe Barbara,
erst einmal vielen Dank für die Blumen! Ich hoffe, ich kann durch meine Antwort das „profunde Wissen“ untermauern, das Du festgestellt zu haben glaubst; ich bemühe mich zumindest darum.
Eine Fremdbestäubung kann man bei allen Arten sehr häufig erkennen, also auch bei Tomaten und Paprika.
Ich sage ausdrücklich „sehr häufig“. Es kann nämlich sein, dass die markanten, auffälligen Merkmale einer Sorte alle dominant gegenüber denselben Merkmalen der anderen Sorte vererbt werden; dann sehen die Abkömmlinge (die Kinder, die F1-Generation) genauso aus wie ein Elternteil, obwohl sie gemischtes (heterozygotes) Erbgut enthalten.
Dieser Fall sollte aber nur sehr selten eintreten.
Zumeist kann man nach einer Fremdbestäubung bei den Nachkommen der 1. Generation in irgendeinem Merkmal eine Abweichung erkennen, weil dieses Merkmal entweder intermediär bestimmt wird oder das betreffende Gen des anderen Elternteils dominant ist.
Diese Gesetzmäßigkeiten der Vererbung sind, wie gesagt, bei allen Arten gegeben, d. h., Paprika unterscheiden sich in dieser Hinsicht nicht von Tomaten (auch bei Tomaten kann man eine Fremdbestäubung in der Regel erkennen).
Viele Grüße
Jürgen
Hallo Barbara,
gerade lese ich zufällig noch mal Deinen Kommentar und sehe, dass ich ihn garnicht korrekt gelesen (verstanden) habe: Du meintest nicht, ob man eine Fremdbestäubung an den Nachkommen erkennen kann, sondern direkt an der entstehenden Frucht!
Sorry!
Nein, an der entstehenden Frucht kann man es nicht erkennen, weder bei der Paprika noch bei der Tomate. Form, Farbe, Größe usw. der Frucht wird bei diesen immer von der Mutterpflanze bestimmt.
Beim Mais kann man eine Frembestäubung direkt erkennen. Dort übt die neue Genzusammensetzung schon bestimmenden Einfluss auf das entstehende Korn aus; aber sonst habe ich noch von keiner derartigen Erscheinung gehört oder gelesen.
Beste Grüße
Jürgen
Moin, ein sehr aufschlussreicher Artikel.
Nun kommt doch noch eine fragende Darstellung, Ich habe dieses Jahr zum ersten mal, einfach von einer gekauften Spitzpaprika Samen entnommen und diesen ausgesät und er hat auch gekeimt. Wird mich diese direkte Samenverwendung mit einer Ernte belohnen?
Hallo Rudolf, wenn Du wenigstens ein paar Samen in erwachsene Pflanzen verwandeln kannst, schätze ich die Wahrscheinlichkeit für eine ordentliche Ernte auf 99%. Ich ziehe hauptsächlich Paprika aus solchen Samen und habe mich noch kein einziges Mal über zu wenig Früchte beklagen müssen.
Wie ich geschrieben habe. Bei „Selbstbefruchtern“ (zu denen die Paprika gehört) kann es in den Generationen nach der F1 zu Pflanzen mit unfruchtbaren Pollen kommen, aber auch die setzen Früchte an, wenn sie von Nachbarpflanzen mit fruchtbaren Pollen bestäubt werden (durch Insekten, Wind oder Wasser).
Ich würde mich freuen, wenn Du Deine Erfahrungen hier publik machen würdest (bin auch immer interessiert, ob meine Aussagen richtig sind).
Viel Erfolg und viele Grüße
Jürgen
Hallo Jürgen,
auch wenn mit persönlichen Kommentaren nicht gespart wurde ist dies ein toller Artkiel, der wohl kaum noch Fragen offen lässt.
PS: Trotz dem ich ein passionierter Chilianbauer bin, teile ich nicht ganz diese Meinung. 2019 wird das Jahr der Zucchini (konnte die ersten schon ernten;)
Hallo Michael,
danke für Deinen Kommentar!
Ich kann mich auch mit dem „Jahr der Zukkini“ anfreunden; denn in diesem Jahr hoffe ich auch auf einen bunten Zukkini-Mix: Vier Pflanzen von vier verschiedenen Sorten, darunter eine gold-gelbe, sollten etwas Mischung ergeben; aber ich bin trotzdem erstaunt, dass Du schon Zukkini ernten kannst, wo meine gerade erst anfangen ordentlich zu wachsen. Wie machst Du das?
Viele Grüße
Jürgen
Sehr gut erkärt! Vielen Dank für Ihre Mühe. Jetzt kann man wenigstens etwas mitreden und glaubt nicht mehr alles was erzählt wird. :)
Hallo Herr Heyder,
vielen Dank für Ihren Kommentar!
Mir bereitet es zwar mehr Spaß als Mühe, die Beiträge zu verfassen (außerdem lerne ich selbst noch jede Menge dabei), aber wenn sie letzten Endes jemandem von Nutzen sind, gibt mir das natürlich ein besonders gutes Gefühl.
Beste Grüße
Jürgen Müller-Lütken