Haufenweise Zwiebeln

oder: Was passiert, wenn man Zwiebeln zu dicht sät und nicht vereinzelt.

Nein, ich habe das Häufchen Zwiebeln auf dem Beitragsbild nicht aufgeschichtet! Die sind so gewachsen! Warum und wieso, erzähle ich gleich.

Es geht heute mal wieder um den Anbau einer meiner Lieblingskulturen, der Speisezwiebeln. Ich streife dabei zwar nochmal kurz ihre Vermehrung sowie ihre Überwinterung, obwohl ich ja meine Ansichten über die Lagerung von Küchenzwiebeln erst letztens exessiv in „Zwiebeln und Autarkie“ dargelegt habe; aber den Hauptteil füllt heute etwas Neues aus: das Loblied auf den Zwiebelanbau für Faule.

Ganz faul darf man allerdings nicht sein, denke ich, sonst klappt das mit dem Zwiebelreichtum sicher nicht: Einmal gründlich unerwünschtes Beikraut (oder kurz: Unkraut) jäten und einmal dick mit Rasenschnitt mulchen, muss schon sein (so hab ichs zumindest in diesem Jahr gehandhabt; den Oregano habe ich absichtlich wachsen lassen).

Zwiebeln in Oregano (15. August)

Zum wiederholten Male: Zwiebelsamen selbst gemacht

Zum Zwiebelanbau wurde ich vor Zeiten zwar in einem Baumarkt durch ein Beutelchen gewöhnlicher Steckzwiebeln verführt, aber nachdem ich den Anbau im zweiten Jahr versuchsweise mit Samen von außergewöhnlichen Zwiebeln – außergewöhnlich müssen meine Nutzpflanzen schon sein – probiert hatte, säe ich meine Speisezwiebeln am liebsten.

Anfangs habe ich mir dazu Saatgut von österreichischen, italienischen und französischen Zwiebelsorten über das Internet besorgt. Später, als mich das Sammelfieber auch bei Zwiebeln gepackt hatte, nutzte ich zusätzlich das Angebot der Genbank in Gatersleben, ein paar Samen von „alten“ Zwiebelsorten an Land zu ziehen. Samen der Lokalsorte „Höri-Bülle“ konnte ich erst nach aufwändiger Recherche den Weg aus ihrer Heimat am Bodensee zu mir weisen (Anbieter von Höri-Bülle-Samen – unter anderen Namen – findet Ihr hier).

Die Beschaffung solcher, besonderen Zwiebelsamen war somit oft kompliziert und/oder teuer; auch gab es von manchen exotischen Zwiebelsorten überhaupt keine Samen käuflich zu erwerben.

So habe ich z. B. nicht in Erfahrung bringen können, wo ich Samen der bretonischen Sorte „Rose de Roscoff“ hätte erstehen können (mittlerweile weiß ich, dass es die Sorte „Kéravel“, die u. a. für die Produktion der rosa Zwiebel aus Roscoff verwendet werden darf, bei der französischen Saatgutfirma GRAINES BAUMAUX zu kaufen gibt).

Meine 2020er Saatzwiebeln am 28. Mai (ihre Überwinterung gibts hier zu verfolgen)

Letzten Endes fand ich es deshalb leichter, mein Glück mit der Erzeugung eigener Zwiebelsamen zu versuchen und mir dabei noch extraordinäre, (genetisch) neue Mischzwiebeln zu erschaffen.

Meine Saatzwiebeln am 3. Juli

Die Saatzwiebeln am 29. August, kurz vor der Ernte

Und der Erfolg gibt mir bisher recht: Ich schwimme mittlerweile in Zwiebelsaatgut; womit ich endlich beim Thema wäre.

Üppige Zwiebelaussaat und das notwendige Vereinzeln

Saatgut-Überfluss verleitet mich dazu, beim Säen Mitte März nicht mit Zwiebelsaat zu geizen, sondern die Samen schön dicht in die Rillen zu streuen.

Wie schon ab und zu gestanden: Ich habe immer Angst, es könnten zu wenig Zwiebeln keimen (was bis jetzt bei meinem frischen Saatgut aber eigentlich nie der Fall war); trotzdem… die Angst sitzt tief aufgrund schlechter Erfahrungen mit überlagertem Saatgut (Zwiebelsaatgut hält sich gewöhnlich nur zwei Jahre)…

Zwiebelreihen am 3. Juli

Wunderschöne Zwiebelreihen am 3. Juli

In den ersten Jahren der zu dichten Aussaat nahm ich mir jedes Mal fest vor, die dicht stehenden Zwiebelhälmchen frühzeitig ordentlich auf mindestens 5 bis 15 Zentimeter Abstand (je nach erhofftem Durchmesser der Zwiebeln) zu verdünnen, so wie es in den Anleitungen aus jenen Zeiten angegeben wird, als man Zwiebeln noch hauptsächlich säte (und nicht nur Steckzwiebeln bequem im richtigen Abstand in die Erde steckte).

Prachtvoll belaubte Zwiebelreihen

Die Zwiebeln sind am 18. Juli prachtvoll belaubt…

Mit ausreichend Platz versehen sollen Zwiebeln besonders dick werden; sie brauchen ja Platz, um sich ausdehnen zu können, ist die Logik, die dahinter steckt.

Umgeknicktes Zwiebellaub

…am 31. Juli sind die Schlotten dahingesunken und geben den Blick auf Zwiebelmassen frei

Das fand ich auch einleuchtend und bemühte mich deshalb immer sehr, den Anleitungen gerecht zu werden; aber es klappte mit dem Vereinzeln nie so, wie ich mir das vorgenommen hatte: Im ersten Jahr zupfte ich zu zaghaft, im zweiten zu spät bzw. dann garnicht mehr, im dritten zwar recht perfekt, wie ich dachte, aber den Erfolg konnte ich dann nicht recht erkennen: Die Zwiebeln schienen mir nicht fetter geworden als in den Jahren mit ungenügender Ausdünnung.

Was aus Nichtstun folgt

Deshalb entschied ich in diesem Jahr, einmal ganz bewusst auf die nervige Tätigkeit des Zwiebelzupfens zu verzichten – und ich muss sagen: nicht zu meinem Nachteil.

So viele Zwiebeln hatte ich noch nie! Sie quollen regelrecht zu Haufen an (wie Ihr ja auf den beigefügten Bild-Dokumenten hoffentlich erkennen könnt); die Wurzeln mancher, oben aufliegender Zwiebeln lösten sich dadurch sogar irgendwann aus dem Boden und erreichten mithin nicht mehr die Handelsklasse A. Aber… Masse statt Klasse reicht für den Privatgebrauch, finde ich – und wenn ich meine Samenzwiebeln betrachte (Ihr könnt sie weiter unten auch betrachten), sind darunter auch genügend 1A-Zwiebeln.

Der angehäufte Reichtum am 31. Juli

Gesteigertes Auftreten von Zwiebelhäufungen am 7. August

Ein Haufen Weiße am 15. August, dem Tag vor der Ernte…

Nun muss ich dazu sagen, dass ich am Standort des diesjährigen Zwiebelanbaus schon einmal, im zweiten Gartenjahr, einen besonderen Erfolg mit gesäten Zwiebeln feiern konnte: Die französische Sorte „Jaune doux de Lézignan“ entwickelte hier ebenfalls jede Menge dicke Exemplare, ohne dass ich sie vereinzelt hätte. Von dieser, verbreitet für notwendig erachteten Maßnahme war mir damals noch überhaupt nichts bekannt, da ich mich ja als blutiger Laie in den Zwiebelanbau gestürzt hatte.

Vereinzeln oder Nichtvereinzeln?

Dieser damalige, rein zufällige Erfolg macht mich nun etwas zurückhaltend, meine Untätigkeit beim Zwiebelvereinzeln jetzt gleich zur allgemein gültigen Regel bei der Saat von Zwiebeln zu erheben.
Nein, ich warte noch ab und teste dieses faule Vorgehen noch ein paar Jahre.

Trotzdem: Wenn es sich bewähren sollte, könnte ich dreifach jubilieren:

  1. hätte ich ein fettes Lager an Speisezwiebeln,
  2. genügend fette Saatzwiebeln und
  3. jede Menge Steckzwiebelchen; denn es bleiben bei der hohen Zwiebeldichte natürlich jede Menge Zwiebeln klein bis sehr klein (manche Zwiebeln wachsen allerdings auch so langsam, dass sie im ersten Jahr immer nur die Größe einer Steckzwiebel erreichen).

Die dichte Saat produziert also ohne Mehrarbeit einen Zusatzgewinn: Steckzwiebeln!

Beutel voller Steckzwiebeln

Vorläufig werde ich also aufs Vereinzeln verzichten… …obwohl, halt! hatte ich in dieser Hinsicht nicht schon andere Erkenntnisse gewonnen?
Hatte ich nicht im letzten verregneten Sommer 2017 festgestellt, dass zu dichter Zwiebelwuchs ein gefundenes Fressen für den Zwiebelliebhaber „Peronospora destructor“, den destruktiven Zwiebelmehltau, ist?

„Papperlapapp… Es wird nie wieder einen nassen Sommer geben…“

Zwiebelkönig von Zützen

Im kommenden Jahr werde ich also zum ersten Mal neben gesäten Zwiebeln meine eigenen Steckzwiebeln einsetzen. Wenn sich diese dann auch noch zu phänomenalen Zwiebeln auswachsen, könnte ich mich ohne Übertreibung „Zwiebelkönig von Zützen“ nennen… …oder was meint Ihr?

Ich halte eine Kiste mit frisch geernteten Zwiebeln ins Bild

Der zukünftige (größenwahnsinnige) „Zwiebelkönig von Zützen“

Wenn dann auch die Saatgutgewinnung bei meinen Zwiebeln weiterhin so reibungslos über die Bühne geht, könnte ich in ein paar Jahren derart perfekte Lagerzwiebeln vorweisen, dass jeder professionelle Zwiebelzüchter vor Neid erblassen müsste – und die Hersteller von Maleinsäurehydrazid, der heute gern genutzten, „chemischen Lösung“ des Lagerproblems von Zwiebeln und Kartoffeln, Konkurs anmelden müssten!

16. August: Nach der Ernte ist vor der Trocknung

Fett (und noch ein wenig grün) geerntet…

Best of… meine Prachtzwiebel

Zwiebelkönig von Zützen… …hört sich gut an…

„Mein Milchmädchen, jetzt ma langsam mit die jungen Pferde, nicht gleich abheben bei die ersten Erfolge! Ein paar Lehrstunden wird Dir die Gartenfee schon noch erteilen, glaub‘ mir!

Denk‘ nur mal dran, wie Du in diesem Jahr bedröppelt dreingeschaut hast, als Deine Samenzwiebeln lange Zeit nicht blühen wollten – und die Fee Dir im Laufe des Sommers klar machen musste, dass spät austreibende Zwiebeln auch spät blühen!

Und spät blühen, heißt auch spät reif werden! Im hiesigen Klima reifen die Samen Deiner Lagerzwiebeln nicht mehr aus, wenn Du sie erst einmal auf Lagerfähigkeit bis Juni getrimmt hast; dann kannste nämlich Deinen Traum von den Super-Lagerzwiebeln vergessen!“

16. August: Höri-Bülle, fortgeschritten getrocknet

Ja, Großer Meister, ich bin ja schon still; aber trotzdem: Meine diesjährige Zwiebelernte war gigantisch und Zwiebelsamen gabs dann auch noch genug und…

„Shut up!“

Ich bin ja schon still; ich will meinen Leser:innen nur noch schnell meine auserwählten Samenzwiebeln zeigen, ja? Hab‘ ich versprochen!

„Wenn Du mich zum Narren halten willst, muss ich leider andere Saiten aufziehen…

Aber meinetwegen, wenn Du dann endgültig die Klappe hältst!“

Nicht dass Du jetzt Deinen Leser:innen noch mit einer langatmigen Erklärung über die richtige Zwiebellagerung auf die Nerven gehst! Ich kenne Dich!“

Neeeein, keine Bange! Ich zeige nur noch ein Foto von den Steckzwiebeln! Wie man Steckzwiebeln selbst machen kann, verrate ich hier nicht. Versprochen! (Hahaha, der Oberguru weiß nicht, dass ich das schon mal ausführlich beschrieben habe… pssst… hier stehts

Und? Wie findet Ihr die Steckzwiebeln? (Pssst, leise, leise, verratet mich nicht!)
Und trotz allem: Frohe Weihnachten!

Ein Sack voll Steckzwiebeln

Die Kleinen noch mal ganz groß mit Größenvergleich