Himbeeren mit heißem Gefühl
oder: Welche Himbeersorten ich in meinen Garten pflanzte.
Heute wird einmal nicht Eis mit heißen Himbeeren serviert, sondern ich präsentiere Euch Himbeeren mit heißen Gefühlen.
Vorgestern habe ich sie im Baumarkt entdeckt: eine recht große Auswahl an Himbeersorten. Der Entschluss war schnell gefasst: Drei ältere Sorten (die ich zumindest als solche einschätzte) sollten meinen Garten bereichern; ich entschied mich für „Schönemann“, „Meeker“ und „Malling Promise“ (später sollten es noch mehr werden).
Da ich schon einen Sack Kompost auf dem Rücken hatte (für die bevorstehende Anzucht von Tomaten, Kartoffeln und Tabak), und es schon spät war, verschob ich den Einkauf der Himbeeren auf den heutigen Donnerstag.
Die Sonne schien ganz wunderbar, als ich vorhin zum Baumarkt spazierte, die Meisen „zitzten“ voller Frühlingsgefühle – und mich ergriffen diese Gefühle ebenfalls heftig. Mir wurde ganz warm ums Herz bei dem Gedanken, mich in diesem Jahr – und zwar bald – intensiver mit den Himbeeren beschäftigen zu dürfen; bisher mussten sie sich mit einem Nischendasein begnügen.
Der Retter der letzten Himbeere
Bei meiner Ankunft im „Zützener Winkel“ fand ich nur ein kümmerliches Pflänzchen vor, das zwischen Gras und Kräutern die letzten zwei Jahre so gerade überlebt hatte. Von Leidensgenossen fand ich nur noch die ein oder andere verdorrte Rute (so nennt man die einzelnen „Zweige“ der Himbeeren, die aus der Erde wachsen).
Die Vorbesitzer hatten zwei Absperrgitter für Baustellen im 90°-Grad-Winkel in eine Ecke der Wiese gestellt und mit Brombeeren und Himbeeren bepflanzt; aber nach einem Todesfall war an eine gediegene Pflege des Gartens nicht mehr zu denken – bis ich ins Spiel kam.
Ich befreite die verbliebene Planze von allem Bewuchs und verschaffte ihr wieder Raum. Diesen Einsatz dankte sie mir mit neu erwachter Wuchskraft und breitete sich ungezügelt in den gewährten Raum (und darüber hinaus) aus. Ich ließ sie vorerst gewähren, freute mich an ihrem Dasein und auch darüber, dass meine Frau die von Jahr zu Jahr zahlreicher werdenden Früchte hin und wieder genoss.
Aus unserem vorherigen Garten in Hangelsberg/Mark (den wir nur einige Monate in Besitz hatten), konnte ich 2012 ebenfalls ein Pflänzchen retten, das dort im Schatten immer größer werdender Tannen sein Leben fristete. Ich setzte es an den erstbesten Platz im neuen Garten, an die Stelle eines verstorbenen Johannisbeerbusches – und hoffte, vielleicht eine seltene Sorte aus der DDR in meinen Besitz gebracht zu haben.
Bis zum Frühjahr 2015 hatte sich dieses Pflänzchen leidlich erholt und machte Anstalten, mit seinen Wurzelausläufern in mein Spargelbeet einzudringen (Himbeeren vermehren sich, indem aus ihren flach im Boden verlaufenden Wurzeln immer neue Ruten hervorwachsen). Ich war zum Handeln gezwungen: Auch bei den Himbeeren sollte nun bald „Ordnung“ herrschen.
Ich plante eine lange Reihe Himbeeren entlang der Fichtenhecke in der großen Wiese, in meinem „Obstgarten“. Die „Ureinwohner“ (ich werde die Sorte von nun an „Frau B.“ nennen) wucherten schon an passender Stelle. Von den „Zuwanderern“ (die Sorte heißt ab heute „Hangelsberg“) neben dem Spargelbeet pflanzte ich vier, fünf Wurzelschösslinge ans andere Ende der geplanten Reihe. Im Laufe des Sommers entführte ich noch einen Schößling aus Rolands Garten (diese Pflanze wurde soeben auf den Namen „Rolands Beste“ getauft; meine leichtfertigen Sortenbenennungen können als gutes Beispiel für die „ungute“ Vermehrung der Sortenvielfalt dienen).
Die noch vorhandenen Lücken kann ich nächste Woche mit meinen Neuerwerbungen schließen – und dann will ich mal sehen, was aus dieser Anlage wird!?
Sommer- und Herbst-Himbeeren
Bis zum Winter 2014/15 hatte ich von Himbeeren und ihrer Pflege keine Ahnung. Erst dann lernte ich zumindest, dass es Sommer- und Herbst-Himbeeren gibt, man könnte auch sagen: einmal- und zweimal-tragende.
Die Sommer-Himbeeren tragen nur Früchte an den Ruten, die im Vorjahr gewachsen sind, die Herbst-Himbeeren sowohl an den vorjährigen als auch an den neu wachsenden.
Beide Varianten werden zumeist unterschiedlich beschnitten: Bei den Sommer-Himbeeren werden nach der Ernte alle Ruten dicht über dem Boden abgeschnitten, die Früchte getragen haben; bei den Herbst-Himbeeren werden im Winter zumeist alle Ruten bis kurz über die Erdoberfläche gekürzt (so dass sie auch nur einmal im Spätsommer Früchte tragen; wenn man sie zweimal fruchten lässt, erschöpfen sie sich schneller – heißt es).
Man könnte natürlich auch vereinfachend sagen: Es werden immer die Ruten weggeschnitten, die Früchte getragen haben.
„Frau B.“ hatte sich als Herbst-Himbeere geoutet, auch „Hangelsberg“ schien mir im letzten Jahr ebenfalls von dieser Art zu sein; doch das werde ich noch verifizieren müssen.
Alle drei neuen Sorten sowie die Sorte „Rolands Beste“ sind auf jeden Fall Sommer-Himbeeren.
Nachdem ich erfahren hatte, dass Herbst-Himbeeren im Winter komplett zurückgeschnitten werden sollten, tat ich das im letzten Jahr – wenn auch sehr verspätet am 3. Mai. Die Himbeerwucherung wurde dadurch etwas übersichtlicher – wenn auch nur vorübergehend.
Ende August sah das Ganze dann schon wieder sehr üppig aus und brachte (neben kleineren Portionen für’s Müsli im Laufe des Sommers) am 25. August eine Vollernte von 800 Gramm auf die Waage, die zur doppelten Menge Himbeer-Marmelade wurde.
Wissen über Himbeersorten
Nun wollte ich diesen Beitrag nicht schließen, ohne wenigstens noch ein paar Informationen über meine neuen Himbeersorten ermittelt zu haben; ich wusste ja selbst nichts genaues über sie, hatte nur die Namen schon mal irgendwo gelesen. Ich dachte, mit einer kurzen Suchanfrage sei das ruckzuck erledigt.
Aber ich öffnete (wieder einmal) die „Büchse der Pandora“: Infos über „Meeker“ und „Schönemann“ fand ich zwar fix in der Beschreibenden Sortenliste Himbeere, Brombeere 2006 des Bundessortenamtes:
Informationen über die Himbeersorte „Meeker“
An der Versuchsstation Puyallup, Washington, USA, aus Kreuzung von ‘Willamette‘ x ‘Cuthbert‘ entstanden, im Jahr 1967 erstmals benannt
Gut pflückbare Sommersorte, die sich durch feste Früchte mit gutem Geschmack auszeichnet.
Wuchs: sehr lange, mittel bis stark überhängende Ruten mit langen Internodien, etwas rissig, zahlreiche große, bräunliche Stacheln, lange Fruchttriebe; später Austrieb, gute Jungrutenbildung
Blüte: mittel bis spät (Ende Mai bis Anfang Juni), mittelgroße bis große Blüten an stark bestachelten, langen, rot gefärbten Blütenstielen
Reife: mittelfrüh (Ende Juni bis Anfang Juli), mittellang andauernd; sommertragend
Ertrag: mittelhoch
Frucht: klein bis mittelgroß, rund bis herzförmig, mittelrot, etwas ungleichmäßig gefärbt, mäßig glänzend, Einzelsteinfrüchte klein bis mittelgroß, mittelfest bis fest, wenig hitzeempfindlich
Geschmack: gut, süßlich aromatisch, mäßiger Saftgehalt
Krankheiten und Schädlinge: mittelstark anfällig für Rutenkrankkheiten, gering anfällig für Grauschimmel, resistent gegen Große Himbeerblattlaus
Informationen über die Himbeersorte „Schönemann“
Von W. Schönemann, Fellbach, aus Kreuzung von ‘Lloyd George‘ x ‘Preußen‘ gezüchtet, seit 1950 im Handel
Robuste, früher weit verbreitete, ältere Sommersorte mit dunkelroten, spät reifenden Früchten.
Wuchs: lange, mitteldicke bis dünne, graue Ruten, die mit zahlreichen, kleinen, dunklen Stacheln besetzt sind, mittel bis lange, schräg aufrechte Fruchttriebe; später Austrieb
Blüte: spät bis sehr spät (Mitte bis Ende Juni), mittelgroße Blüten an mäßig bestachelten Blütenstielen
Reife: spät (Mitte Juli), mittellang andauernd; sommertragend
Ertrag: mittelhoch bis hoch
Frucht: mittelgroß, lang, dunkelrot, leicht glänzend, große Einzelsteinfrüchte, mittelfest bis weich, mittel bis schwer zapfenlöslich
Geschmack: süßsäuerlich, kräftig aromatisch
Krankheiten und Schädlinge: wenig anfällig für Rutenkrankheiten, mittel anfällig für Grauschimmel
Aber über „Malling Promise“ fand ich nur: Nichts Genaues weiß man nicht.
Die meisten Verkäufer dieser Sorte schwafeln nur blumiges und widersprüchliches Zeugs, Wissenschaftler*innen erwähnen nur hier und da den Namen der Sorte, ohne exakte Angaben über Züchter, Entstehungsjahr und Eltern zu machen. Auch in der Jubiläumsschrift zum 100-Jährigen Geburtstag des Züchters, der East Malling Research (EMR) Station in Kent, Großbritannien fand ich nur einen zarten Hinweis auf ihre Existenz.
Es blieb mir letztlich nichts anderes übrig, als das Kontaktformular der EMR zu benutzen, um die benötigten Daten direkt von der Quelle zu holen.
Mal sehen, ob’s klappt.
Etwas später fiel mir allerdings ein, dass die Sorte eventuell auch bei der Deutschen Genbank Obst gelistet sein könnte – und siehe da: ich wurde fündig!
Dies sind Fakten über „Malling Promise“, die ich im Netz zusammenkratzen konnte:
Informationen über die Himbeersorte „Malling Promise“
Von N.H. Grubb an der East Malling Research Station aus ‘Newburgh‘ x (‘Lloyd George‘ x ‘Pyne’s Royal‘) im Jahre 1937 gezüchtet; seit 1944 im Handel (in der Liste des Bundessortenamtes ist allerdings eine Sorte mit Namen „Malling Exploit“ genannt, die die gleichen Angaben aufweist; da beide Sorten aber nebeneinander in der Jubiläumsbroschüre des EMR auf S. 40 genannt werden, gehe ich davon aus, dass sie Geschwister sind)
Wuchs: mittelstark, entwickelt kräftige Ruten mit zahlreichen Seitentrieben, überhängend, reichlich mit Stacheln bewehrt.
Blüte: einfache, weiße Blütendolden, früh (spätfrostgefährdet)
Reife: sehr früh bis früh, Juni bis Juli
Ertrag: mittel bis hoch
Frucht: groß, kegelförmig, mittelrot-dunkelrot, weich
Geschmack: aromatisch, angenehme Säure, wohlschmeckend
Krankheiten und Schädlinge: gering anfällig gegen Grauschimmel (Botrytis)
Bei meiner Recherche habe ich zumindest wieder Einiges über Himbeeren gelernt, vor allem, dass es gar nicht so viele Sorten für den Hausgebrauch gibt und dass die meisten nur mittelmäßig schmecken (In meinem ersten eigenen Garten am Kleinen Buckowsee hatte ich vor vielen Jahren – es muss 2003 gewesen sein – einmal einen Restbestand von Himbeeren aus einem Baumarkt ausgesetzt; die Früchte einer Pflanze schmeckten wirklich ausgezeichnet – es muss also in Baumärkten Sorten geben, die gut schmecken).
Nun ja, in ein bis zwei Jahren werde ich hoffentlich über eigene Erfahrungen berichten können – und mein eigenes Zuchtprogramm gestartet haben. Letztlich muss man ja immer alles selber machen.
Ich glaube, ich werde mir noch die Sorte „Tullameen“ zulegen, die gab’s nämlich auch noch im Baumarkt. Deren Geschmack wird zumindest häufiger lobend hervorgehoben; sie soll nur den Nachteil haben, wenige neue Ruten zu treiben – was mir ja nur recht sein kann.
Ich hatte auf ihren Erwerb verzichtet, weil sie die einzige Sorte mit einem „Registered Trademark“-Zeichen hinter dem Namen war, woraus ich glaubte schließen zu können, dass sie eine neuere Sorte sei (was letztlich auch stimmt; aber wenn sie besser schmeckt als die anderen…)
Das Bundessortenamt informiert über sie mit folgenden Angaben:
Informationen über die Himbeersorte „Tulameen®“
1980 in Vancouver, Kanada, aus Kreuzung von ‘Nootka‘ x ‘Glen Prosen‘ gezüchtet
Gut transportfähige, feste, dabei wohlschmeckende Sommersorte mit großen, attraktiven Früchten.
Wuchs: lang, dick, überhängend, geringe bis mittlere Anzahl Ruten, geringe Anzahl mittelgroßer, dunkler Stacheln, Fruchttriebe mittellang, abstehend
Blüte: mittelfrüh (Anfang Juni), mittelgroße Blüten an gering bestachelten Blütentrieben
Reife: mittelfrüh bis spät (Anfang bis Mitte Juli), kurz bis mittellang andauernd; sommertragend
Ertrag: mittelhoch
Frucht: groß, lang, kegelförmig, gleichmäßig mittelrot, mittelstark bis stark glänzend, fest bis sehr fest; sehr gut zapfenlöslich
Geschmack: süß, aromatisch, mäßiger Saftgehalt
Krankheiten und Schädlinge: mittelhoch anfällig für Rutenkrankheiten und Grauschimmel, wenig strahlungsempfindlich, mittlere Frosthärte
Am Donnerstag, den 10. März stand mein erster Gartenbesuch in diesem Jahr an. Mit Bus und Bahn machte ich mich auf den Weg, die vier in Berlin erstandenen Himbeerpflanzen im Gepäck. Am Busbahnhof in Schwedt hatte ich eine halbe Stunde Aufenthalt, den ich spontan nutzte, mir im nah gelegenen Baumarkt der Kette, in dem ich meine vier Himbeeren gefunden hatte, die „Tulameen“ zu holen.
Das gelang; leider gelang es mir nicht, den Markt mit einer leeren Hand zu verlassen: ich musste sie mit einer „Willamette“ füllen.
Fünf neue Himbeersorten komplettieren nun meine Himbeerreihe. Der Grundstock für eine erfolgreiche Himbeerzucht ist also vorhanden.
Informationen über die Himbeersorte „Willamette“
Von G. F. Waldo, Oregon, USA, aus Kreuzung von ‘Newburgh‘ x ‘Lloyd George‘ gezüchtet, im Jahre 1943 erstmals benannt
Ältere Sommersorte, die relativ feste und sehr leicht vom Zapfen lösende Früchte besitzt.
Wuchs: mittlere bis hohe Anzahl dünner bis mitteldicker, lang überhängender Ruten mit mittellangen, aufrechten Fruchttrieben, stark bis sehr stark mit fast schwarzen Stacheln besetzt, braune Rinde, wenig rissig und ohne Wachsbelag
Blüte: früh bis mittelfrüh (Ende Mai bis Anfang Juni), mittelgroß, Blütenstiele rot gefärbt, stark bestachelt
Reife: früh bis mittelfrüh (Ende Juni bis Anfang Juli), mittel bis lang andauernd; sommertragend
Ertrag: hoch
Frucht: mittelgroß, breit konisch, mittel bis dunkelrot, unausgeglichen, dunkelt nach, mäßiger Glanz, mittelfest bis fest, sehr leicht zapfenlöslich, rasch einsetzender Fruchtfall
Geschmack: mittlere Säure und geringer bis mittlerer Zuckergehalt, aromatisch
Krankheiten und Schädlinge: gering anfällig für Rutenkrankheiten und Grauschimmel, frosthart, resistent gegen Große Himbeerblattlaus, gesunder Wuchs