Kappes

oder: Was ich beim Anbau von Kohl in diesem Jahr erlebte.

„Das vor allem im Rheinland und Ruhrgebiet geläufige Wort „Kappes“ ist über die Form caputium aus dem lateinischen caput, der Kopf, entstanden und gilt in diesem Sprachraum als Synonym für Unsinn oder Unfug“, klärt Wikipedia wissbegierige Leser*innen auf.

Um Unsinn oder Unfug soll es in diesem Fall aber nicht gehen, sondern um die andere Bedeutung, die das Wort „Kappes“ auch im Rheinland hat: um Kohl, genauer um Weiß-, Rot- und Blumenkohl, den ich im letzten Jahr (2015) im Garten ziehen wollte.

Mein Plan sah vor, von diesem Gemüse maximal fünf Pflanzen in einem Winkel des Gartens großzuziehen, um mich mit ihren Ansprüchen erst einmal richtig vertraut zu machen. Im Jahr davor, also 2014, hatte ich mich in einer Schwedter Kaufhalle auf den letzten Drücker zum Kauf eines kleinen Trägers mit sechs Kohlpflanzen unterschiedlichster Sorte verführen lassen, wovon allerdings nur die Schnecken einen (Wissens)Zuwachs hatten.

Schneckenfutter 2014 (22. Juni)

Schneckenfutter 2014 (22. Juni)

In diesem Jahr wollte ich auf diesem Gebiet Fortschritte machen.

Wintertags bestellte ich jeweils ein Tütchen mit Samen der oben genannten Kohlarten – auf Wirsing verzichtete ich weise (ganz im Sinne meiner Allerbesten); „Erfurter Zwerg“ (Blumenkohl), „Marner Lagerrot“ (Rotkohl) und „Brunswijker“ (Weißkohl) wurden in je einem Blumentopf vorgezogen und so eines Tages ins kleine Gewächshaus überführt.

Dort blieben sie noch eine ganze Weile kaum beachtet stehen; so richtig glaubte ich nicht an meinen Kohlanbau, ich konnte keinen geeigneten Platz für sie entdecken.
Irgendwann pikierte ich die Pflänzchen dann doch mal in eigene Töpfe in der Hoffnung, das Schicksal würde mir schon irgendwie zur Hilfe kommen (ganz nach meiner Lebensmaxime).

Bis hierhin war ich rundum zufrieden…

Bis hierhin war ich rundum zufrieden…

Kurzzeitig setzte ich noch Hoffnung auf Nachbar Uwe und seine Bereitschaft, mir ein paar Pflanzen abzunehmen und sie so vor dem sicheren Tod zu bewahren; aber der hatte schon ausgesorgt.

Blieb also nur das Schicksal.

Jenseits des Zaunes tat sich unverhofft noch ein Streifen Hoffnung auf: Nach dem Ende des Kaninchenstalls und der Umsiedlung der dort gerade heimisch gewordenen Rhabarberstauden nahm dieser am 16. Mai 2015 um 17.35 Uhr alle 20 Pflanzen bereitwillig auf. Der „worst case“, die Kompostierung der prächtigen, jungen Kohlpflanzen, war also abgewendet.

Der Streifen Hoffnung am 24. Mai 2015

Der Streifen Hoffnung am 24. Mai 2015

Was passierte nun mit diesem Startkapital während des langen, trocken-heißen Sommers?

24. August

24. August

Es hatte einen zufriedenstellenden Zuwachs, keine Frage, zwischenzeitlich glaubte ich sogar an einen echten Erfolg; aber nach und nach vermehrten die Schnecken sich und ihren Appetit, der hintere (schattig-kühle) Teil der Reihe, mit Blumenkohl besetzt, entpuppte sich als völlig ungeeignet für den Kohlanbau; obendrein warf dort auch der Kürbis mehr Schatten als Licht.

Zu guter Letzt entdeckte ich auch noch die Todfeinde des Kohls in geselliger Runde: Raupen des Großen und Kleinen Kohlweißlings.

Kohlweißling auf meinem Kohl am 13. Juli 2014

(Kleiner?) Kohlweißling auf meinem Kohl am 13. Juli 2014

Raupe des Großen Kohlweißlings

Raupe des Großen Kohlweißlings (Pieris brassicae, 19. August)

Raupe des Kleinen Kohlweißlings (19. August)

Raupe des Kleinen Kohlweißlings (Pieris rapae, 19. August)

Einige der Raupen tötete ich höchstpersönlich und sofort, einige ließ ich aber für ihre natürlichen Feinde am Leben. Später sah ich tatsächlich eine Todfeindin der Raupen: Puppen der kleinen Brackwespe „Cotesia glomerata“. Diese kleine Wespenart legt zahlreiche Eier in die jungen Raupen; ihre Larven ernähren sich von den Innereien der Raupen und bringen sie letztlich um’s Leben. Vorher bohren sie sich jedoch durch die Körperhülle der Raupen und lassen sich von der Raupe sogar noch mit einem Schutzgespinst umhüllen. Wenn man den Raupen nicht so abgeneigt wäre, könnte man das für Horror halten.

Parasitäre Wespe Cotesia glomerata parasitiert aus den Eiern geschlüpfter Raupen des Großen Kohlweißlings, Quelle: Nina Fatouros

Cotesia glomerata parasitiert aus den Eiern geschlüpfte Raupen des Großen Kohlweißlings, Quelle: Nina Fatouros

Alles in Allem war auch dieses Jahr kein Jahr des Kohls – oder ist die Rettung von 20% des eingesetzten Kapitals als Erfolg zu werten? Lediglich vier Kohlköpfe landeten in unseren Mägen, der Rest in denen von „Un-Menschen“ oder auf dem Kompost.

Ein "Un-Mensch" als Freund und Helfer: Zauneidechse

Ein „Un-Mensch“ als Freund und Helfer: Zauneidechse

Unappetitlicher Anblick (14. September)

Unappetitlicher Anblick (14. September)

Blumenkohl? Blumenkohl! (20. Juli)

Blumenkohl? Blumenkohl! (20. Juli)

This is the end…

This is the end…

Meine Frau hatte also mal wieder recht: Ich verliere in dieser Sache einfach zu leicht den Kopf (Caputium, Kappes!). Aber wo wir gerade dabei sind: Es wird auch in diesem Jahr wieder passieren, so viel steht jetzt schon fest; zu viele Kohlsamen habe ich schon mit Wasser benetzt – und Ihr wisst, was das bedeutet! Zugegeben: einige Samen waren schon ein paar Jahre alt (die Brokkoli-Samen z. B.) und sind deshalb möglicherweise schon ohne Leben – was meiner liebsten Frau bestimmt gelegen käme.

Das Programm für 2016

Das Programm für 2016