Mord in der Kleingartenkolonie?
oder: Welche Rolle mein Garten in einer Kurzgeschichte spielt.
Vor ein paar Jahren hat meine Schwester, die auch gerne schreibt, eine Kurzgeschichte verfasst, die mich sehr berührt hat, weil sie nicht nur einen plastischen Einblick in meinen Garten vermittelt, sondern auch Ausschnitte aus meinem Leben und unserer Beziehung verarbeitet.
„Alle in dieser Erzählung vorkommenden Personen, der Schauplatz, die Ereignisse und Handlungen sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden und toten Personen sind rein zufällig“, gilt hier deshalb nicht ganz.
Es hat ein Weilchen gedauert, bis ich sie überreden konnte, den Text hier veröffentlichen zu dürfen; aber jetzt freue ich mich, ihn Euch präsentieren zu können.
Mein Garten-Blog soll ja mehr bieten, als nur Tipps und Tricks zum „richtigen“ Gärtnern; er soll auch unterhaltsam sein und zu eigenen Gedanken anregen. Der Garten ist nur die große Klammer, die alle Beiträge in irgendeiner Weise zusammenhält.
Sachdienliche Hinweise zur Klärung des Falles nimmt jede Kommentar-Dienstzelle entgegen; aber lest zuerst, was passiert ist:
Sein Garten
Ich biege scharf nach rechts und fahre auf dem Feldweg in die Odersenke hinab. Neben uns die Gartengrundstücke aufgereiht wie Handtücher am Strand. Fast ausgedörrt davor ein kleiner Kanal. Ich parke am Feldrand und wir gehen über den Steg auf die meterhohen Brennnesseln zu, die nur vor seinem Garten wachsen und in die er mit der Sense einen Patt geschlagen hat. „Bei mir dürfen sie wachsen“, hatte er gesagt, als ich ihn vor einer Woche im Garten besuchte. Und er war – in beiden Händen einen Eimer mit Essensresten aus der Berliner Wohnung – an mir vorbei durch das Tor geschritten wie ein König in sein Reich.
Die Mittagssonne bohrt sich durch den Himmel. Ich habe die Hand auf das Tor gelegt, aber ziehe es nicht auf. Vor uns streckt sich der Garten aus. Im knöchelhohen Gras ein aufgerissener Fußball und die Federballschläger der Kinder. Am Schuppen Brombeerbüsche, morsche Latten, verrostetes Gestell. Dahinter die Gemüsereihen, Bohnen, Lauch. Wir sehen Paul nicht mit einer Harke oder gebückt mit einem Sieb. Doch von hier aus können wir nur einen Teil des Gartens überschauen, versteckt hinter Kirschbäumen, Phlox mit rosa Dolden und Sonnenblumen stehen das kleine Haus aus Stein und die aufgespannten Planen mit den Tomatenstauden.
Ein Mittagsschweigen liegt über der Laubenkolonie. Kein Wort schwingt zu uns, nur die Vögel zwitschern.
„Gehen wir!“ Ich lächle Lisa an und ziehe sie hinter mir her durch das Tor. Was fürchten wir denn?
„Spätestens gestern, zum Geburtstag unseres Jungen hätte Paul angerufen, das weiß ich“, sagt Lisa, als sie auf den Platten, die einmal längs durch den Garten führen, hinter mir her balanciert.
„Der schläft, darum ist man doch hier, um die Welt zu verschlafen“, antworte ich und drehe mich zu ihr um. Sie verzieht kurz den Mund, aber ihre Augen sind im Garten, nicht bei mir.
Mit einer schnellen Handbewegung stößt sie das Klohäuschen auf, Mief wabert uns entgegen. Wir gehen weiter, jetzt, auf der Höhe des Essplatzes direkt gegenüber dem Haus, überblicken wir die Gemüsereihen. Lange Zucchini schieben sich über den schwarztrunken fruchtbaren Boden. Ihn sehen wir nicht.
Lisa greift zur Türklinke der Hütte und sofort springt die Tür auf. Wir stehen im Eingang, bleiern lagert die Hitze im Haus. Neben uns die rote Cordcouch, der Boden übersät mit Einmachgläsern, wo in trüber Brühe Tomatenkeimlinge schwimmen. Paul züchtet Tomaten, immer ist er auf der Suche nach den schmackhaftesten Sorten. Die Gläschen wandern sogar bis ins Schlafzimmer, dessen Tür offensteht.
„Hier ist seit Tagen niemand gewesen“, sagt Lisa.
Ich schiebe mich in die abgestandene Luft, mit zwei Schritten stehe ich im Schlafzimmer. Bläulich das Licht, das durch die zugezogenen Vorhänge fällt, das Bett leer, die Decke aufgewühlt.
„Paul?“, sage ich halblaut, als verstecke er sich unter dem Bett oder im Schrank, so wie früher, während ich umherschlich und auf ein Knarren der Dielen horchte.
Als ich wieder in den Wohnraum komme, ist Lisa draußen. Sie rennt die Gemüsereihen entlang, „Paul, Paul“ stößt sie immer wieder in die Luft. Dann geht sie zum Gewächshaus. Ich suche im Schuppen nach ihm, gehe ums Haus, wo ist sein Bus? Ein Stück den Feldweg hinauf, hinter Büschen finde ich ihn, auf dem Rücksitz eine Kiste Apfelsaft.
Lisa steht am Tor, sie atmet hastig.
„Hier ist er nicht. Ich laufe zur Straße zurück, bei der Tankstelle kaufen wir manchmal ein. Vielleicht wissen die was.“
Und ich sehe sie auf dem Feldweg, ihr rotes Kleid hüpft auf und ab, sie rennt mit schweren Beinen, obwohl sie schlank ist, die Füße drehen nach außen, als wüsste sie nicht, wohin damit.
„Soll ich gehen?“, rufe ich hinterher, aber sie hört mich nicht mehr. Ich kehre in den Garten zurück, schaue unter die Büsche, die Brombeersträucher, wieder denke ich an unser Kinderspiel, meine, ihn gleich oben im Apfelbaum zu entdecken oder flach unter der Hainbuchenhecke liegend ruft er piep, um seiner kleinen Schwester die Suche zu erleichtern. Die Harke liegt zwischen den Bohnen, er muss sie fallen gelassen haben während der Arbeit. Überall stehen Sachen herum. Ich erinnere mich an seinen Wandschrank zuhause, zum Bersten gefüllt mit alten Reifen, Weckern, Bildern, Vogelkäfigen, kaputten Mausefallen. Später kaufte er nur in Second Hand Läden oder trug Sachen, die man ihm geschenkt hatte. Einmal ließ er sich aus den Resten eines Biedermeierstoffes, rosa Streifen neben Blumengirlanden, einen Anzug schneidern, mit dem er zu meiner Hochzeit kam, auf allen Bildern sieht man eigentlich nur ihn.
Lisa kommt in den Garten zurück. „In der Tankstelle war er nicht.“
Wir stehen unter dem selbstgezimmerten Torbogen aus Holzstäben, über den das Geißblatt klettert. Honigduft hüllt uns ein. Auf dem Tisch eine Schale mit Tomaten. Vielleicht macht er einen Spaziergang hinunter zur Oder oder oben auf dem Deich.
„Hier draußen ist er im Sommer am liebsten“, sagt Lisa, „wenn ich mal komme, gibt er mir immer eine Gartenführung. Aber ich merke mir nichts. Bin eine Städterin.“
Sie sinkt auf einen Stuhl. „Du hast ihn zuletzt gesehen.“
„Jahrelang treffe ich ihn nicht“, antworte ich, „und dann soll ausgerechnet ich diejenige sein, die ihn zuletzt gesehen hat?“
„Seit einer Woche erreiche ich ihn nicht. Wie war es denn am Samstag mit ihm?“
„Da war wieder diese Abwehr. Trotzdem, ein Neuanfang. Bin froh, mit ihm hier gewesen zu sein.“
Ich sehe Paul im Mauerschatten davongehen damals nach unserem Streit. Sehe den gerade gereckten Rücken, um den blaue Meerflecken und schief stehende Palmen schwingen. Sehe ihn kleiner und kleiner werden, bis er ganz verschwindet.
Lisa ist blass, sie schiebt die Hände über die Oberschenkel: „Ich habe ihm gesagt, dass ich daran denke, mich von ihm zu trennen.“
Ich schaue sie an.
„Hat er dir nichts erzählt?“
„Nein. Du meinst…“
Sie schüttelt den Kopf.
Am Beginn ihrer Liebe wollten Lisa und Paul einmal, dass ich ihre Handgelenke mit einem roten Band umwickle, zwei volle Tage sind sie so herumgelaufen.
„Ich dachte, ihr trennt euch nie. Was ist passiert?“
„Bin müde. Und meine Liebe zu ihm ist es auch.“ Sie legt die Hände vor die Augen.
„Lass uns durch die Laubenkolonie gehen. Vielleicht ist er irgendwo oder einer weiß was.“ Am Arm ziehe ich sie vom Stuhl.
„Ich kenne hier keinen“, antwortet sie.
Wir gehen auf der Mittelachse, links und rechts die Schrebergärten. Wir hören niemanden, sehen niemanden.
„Was nun?“, will sie wissen.
„Wir fahren nach Schwedt zur Polizei. Wir müssen ihn suchen lassen.“
„Das kann ich jetzt nicht.“
„Was sonst, Lisa? Worauf warten wir?“
„Ich weiß nicht.“
„Könnte er bei einem Freund sein?“
„Ich habe heute Morgen alle angerufen, erst ganz zum Schluss dich.“
Sie steht vor mir, Tränen schießen ihr in die Augen: „Ich arbeite morgen. Wer macht denn alles?“, bricht es aus ihr heraus. „Ich will, dass er hilft. Die Kinder übernimmt.“
Heftiges Weinen packt sie, ich lege den Arm um ihre Hüfte und schiebe sie zu meinem Auto.
Wir fahren die fünf Kilometer bis nach Schwedt. Im Zentrum stehen sich drei große Supermarktflachbauten trostlos gegenüber. Die Straßen sind leer, beim Aussteigen beobachtet uns ein Mann mit tätowierten Oberarmen und kahlrasiertem Schädel.
„Warum muss Paul sich ausgerechnet hier ein Grundstück suchen?“, fragt Lisa und umklammert ihre Tasche.
Wir finden die Wache und geben eine Vermisstenanzeige auf.
„Der wird schon wieder auftauchen“, sagt der Polizist, „die meisten verschwinden nur für ein paar Tage.“ Er blickt uns freundlich an.
„Ja“, haucht Lisa.
Kaum draußen lässt sie die Schultern fallen. Der Asphalt flirrt in der Hitze. Wieder sehe ich Paul von mir weggehen.
Im Garten zurück will Lisa die Kinder anrufen, ihre Mutter. Ich gehe nochmal ins Haus. Schmutzige Tassen in der Spüle, ein mit Nudeln verklebter Topf, ein anderer mit roter Soße. Schimmelflaum überall. Als Jugendlicher kochte er für uns immer Nudeln mit Tomatensoße, wenn Mutter nicht da war. Ich suche beim Sofa nach einem Brief, einer Nachricht. Nichts. Neben dem Bett kein Buch. Er lese schon lange nicht mehr, hatte er noch am Samstag erklärt. Ich war verwundert, mochten wir nicht beide früher so gerne Kafka? Gedichte? Er grinste schief, er habe gelesen, was er lesen wolle.
Als Lisa hereinkommt, frage ich: „Hast du eine Ahnung, warum ihn Bücher nicht mehr interessieren?“
„Haben sie noch nie.“
„Doch! Sehr sogar! Weißt du, dass er früher davon geträumt hat, Forscher auf den Galapagos-Inseln zu werden?“
„Als ich ihn kennenlernte, wollte er eine Freie Schule gründen, dann eine Zeitschrift gegen den Müll , dann eine Nachbarschaftsinitiative gegen – ich habe es vergessen.“ Spöttisch zieht sie die Augenbrauen hoch.
„Hier“, sage ich, „hier hat er einen Traum in Sicherheit gebracht.“
Aus dem Garten gegenüber Gitarrenriffs. Ein Mann im Unterhemd mit grauem Zopf im Nacken fegt die Terrasse. Neben ihm laut aufgedreht das Radio. Wir stehen vorm Zaun und winken, aber er sieht uns nicht, nur seine Gartenzwerge starren uns an. Ich rufe, bis er mich endlich hört.
„Ja?“ Er dreht das Radio leiser.
„Meinem Bruder gehört der Garten dort, wir suchen ihn.“
„Der soll seine Brennnesseln schneiden und den Rasen auf dem Weg mähen“,
knurrt er.
„Wir vermissen ihn seit Tagen. Haben Sie ihn gesehen?“
Mit dem Besen in der Hand kommt er auf uns zu.
„Na, Montagabend hat er hier gestanden. Sich wichtig gemacht, von wegen das ist seine Entscheidung, was er mäht und was nicht.“
„Das ist fünf Tage her. Und danach?“
„Nein. Aber der hatte Streit mit denen da.“ Und er zeigt auf das Grundstück, das direkt an das meines Bruders grenzt.
„Gehen wir mal hin“, sage ich zu Lisa.
„Die kommen nie vor sechs“, sagt der Mann.
„Kommen sie immer?“
„Meistens.“
„Was hatte mein Bruder für einen Streit?“
„Der denkt, er kann die Brennnesseln und die ganze Welt retten oder was?“
Und er wendet sich wieder seiner Terrasse zu.
Wir sitzen auf den Holzstühlen unter der Laube, die Zeit zieht sich bis zum Abend. Mein Blick fällt auf die zwei azurblauen Tonnen im Schatten des Apfelbaums dicht an der Hecke. Ich erzähle Lisa von Pauls Bad in der Tonne. Er brauche keinen Swimmingpool, für den er jahrelang arbeiten müsse, der Unmengen von Wasser verschwende, der viel zu groß für ihn sei. Das Glück müsse in seine Hand passen, sonst sei es keins.
Und dann saß er da in seiner Wassertonne, tauchte auf, tauchte unter, während ich schwitzte, statt mich in die zweite Tonne zu hocken und mit ihm Spaß zu haben.
Lisa will mir nicht zuhören. Ich fülle auch nur die Zeit.
„Räumen wir auf“, sage ich irgendwann.
„Ach nein, lass es so.“
Ich gehe umher.
Wieder sehe ich ihn im Mauerschatten. Es war heiß wie jetzt, die Luft staubsatt, wir standen an einer vierspurigen Straße. Ich war hochschwanger. Ich weiß nicht mehr, warum er plötzlich meinte, er werde mein Kind vor mir schützen, wenn es nötig sei. Ich verstand nicht. Wenn ich meine Schablone auf das Kind lege. Wenn ich ihm nicht die Freiheit lasse, zu wachsen, wie es wachsen wolle. Ich müsse ja immer alles im Griff haben. Wut stieg in mir hoch. Er sah mich an mit dieser Hartnäckigkeit im Blick. Er werde sich einmischen. Ja! Mir flatterten die Nerven. Ich habe ihn beschimpft, er solle aufhören, mir zu sagen, was ich zu tun und zu lassen habe. Aufhören, meinen großen Bruder zu spielen, der er schon lange nicht mehr sei! Bei diesem Satz verzerrte sich sein Gesicht, als splitterte es. Er ging. Im Mauerschatten der gerade gereckte Rücken. Mein Bauch krampfte sich zusammen. Die Wehen setzten ein. Paul! Er drehte sich nicht um! Bis heute hat er mein Kind nicht gesehen.
Fast unbemerkt ist die Sonne an den Rand des Himmels gerutscht, die Hitze weniger schwer. Wir hören jemanden nebenan im Garten.
„Komm“, sage ich. Aber Lisa bleibt sitzen.
Ich lege ihr die Hand auf die Schulter, sie greift danach. Eiskalt ihre Finger. Dann balanciere ich auf den Platten zwischen den Gemüsereihen zum Weg, den mein Bruder nicht mähen will. Der Mann im Unterhemd steht am Zaun, als hätte er auf mich gewartet.
„Wenn die da“, und er zeigt auf die Nachbarn, „Stress machen, komme ich rüber.“
Ich stutze und gehe dann wortlos weiter, öffne das Gartentor, rufe: „Hallo? Hallo!?“ Schritt für Schritt nähere ich mich der Datsche aus dunkelgebeiztem Holz und habe das Gefühl, dass mich von drinnen jemand beobachtet. Ich klopfe an die Tür. Nichts. Mein Herz hämmert.
„Ich muss mit Ihnen reden!“
Wieder keine Antwort. Langsam ziehe ich die Tür auf. Direkt vor mir auf einer Eckbank eine Frau, das Haar dünn und ungewaschen, ich sehe sie im Profil, aufgestützt auf die Tischplatte, in der Hand eine Zigarette. Sie reagiert nicht, als ich hereinkomme.
„Wissen Sie, wo mein Bruder Paul, ihr Nachbar, ist?“
Sie saugt an ihrer Zigarette.
„Wir vermissen ihn seit Tagen.“
Der Qualm vermischt mit dem Geruch von altem Fett betäubt mich fast.
„Sitzen Sie nicht da“, schreie ich sie plötzlich an, „reden Sie!“
Ohne den Kopf zu mir zu drehen, sagt die Frau: „Da stand er“, und sie hebt die Hand leicht in meine Richtung, „geh, habe ich zu ihm gesagt, geh! Aber er blieb stehen: Erst wenn dein Mann verspricht, dass er aufhört.“
„Aufhört womit?“
„Er blieb stehen. Ich wusste, Edi packt ihn gleich.“
„Warum ist mein Bruder denn rübergekommen?“
„Was willste denn hier, hat Edi ihn auch gefragt.“
Sie wendet den Kopf zu mir, ihre Augen schwimmen, die Unterlippe wölbt sich wundverkrustet.
„Edi versetzte mir wieder einen Schlag, dann drehte er sich um und packte ihn. Dann waren sie beide draußen. Und dann kam Edi wieder rein.“
„Was hat er mit meinem Bruder gemacht?“
„Nach Hause gebracht.“
„Wo ist dieser Edi?“, brülle ich. „Wo?!“
Mit ihren schwimmenden Augen schaut sie durch mich hindurch, als sei ich nicht mehr da.
Wie in Zeitlupe wende ich mich zu Pauls Garten zurück. Sehe Lisa im roten Kleid und fange an zu schluchzen.
Sie drückt mich auf einen Campingstuhl, der neben dem Gemüse auf der Wiese steht, ruft nochmal die Polizei an und läuft zur Tankstelle, um Wasser für uns zu holen. Ich sacke in mich zusammen.
„Da, wo du sitzt, habe ich ihn hingesetzt.“
Baumgroß steht plötzlich ein Mann vor mir. Ich habe ihn nicht kommen hören. Er tritt dicht an mich heran, greift nach meinem Stuhl: „Genau da.“
Er schaut mich an.
„Edi?“
Er nickt. „Zurückgebracht, wo er hingehört.“
Dann geht er. Leise, fast tänzelnd.
Lisa kommt zurück. Sie zieht sich einen Stuhl heran, schenkt uns Wasser ein.
Wir sitzen da, zusammengekauert, beobachten, wie die Konturen von Pauls Hütte, von seinen Blumen und Bäumen ins Grau verschwimmen, dann ganz verschwinden. Hören das Verstummen der Vögel.
Gudrun Müller Lütken, 2014