Wein, Weib und Gesang

oder: Wie ich versuche, den Uckermärker Weinbau wiederzubeleben.

Wein ist mein liebstes alkoholisches Getränk. Weinanbaugebiete sind meine liebsten Urlaubsziele. Was liegt also näher, als meinen liebsten Aufenthaltsort zu einem Weinanbaugebiet zu machen.

Nun ist das Odertal in meiner Nähe weder jemals ein solches gewesen noch könnte es ein solches potentiell sein (wenn man einmal von möglichen, zukünftigen, noch nie dagewesenen Klimaveränderungen absieht). Doch an zahlreichen Gartenlauben in den umliegenden Kleingartenkolonien ranken prächtige Weinreben.

Der Blick auf die zukünftige weinbelaubte Terrasse

Der Blick auf die zukünftige weinbelaubte Terrasse Anfang Mai 2014; die Reben sind kaum zu erkennen

Ich muss nun gestehen, dass nicht dieser erfolgreiche Weinanbau in meiner Nähe mich dazu verleitet hat, es selbst einmal zu versuchen, sondern es stand schon bei der Gartenübernahme fest, dass ich dies tun würde.

Aus anderer Perspektive sind sie Ende Juni schon besser zu erkennen

Aus anderer Perspektive sind sie Ende Juni schon gut zu sehen

Sicherheitshalber hatte ich im Winter schon einmal das Internet mit einer Suchanfrage bezüglich „Privater Rebenkauf“ beauftragt. Das hilfreiche Wissensetzwerk spuckte tatsächlich eine interessante Adresse aus: Weinbau24.
Dieser Online-Shop hat eine größere Auswahl deutscher Rebsorten im Angebot, die er auch in Kleinmengen abgibt (normalerweise beliefern Rebschulen – von denen es einige in Deutschland gibt – nur größere Mengen an Winzer in Weinanbaugebieten).

Ich orderte dort also fünfmal Blauer Portugieser, fünfmal Silvaner, zweimal Weißer Gutedel und zweimal St. Laurent, insgesamt also 14 Reben, genug für einen kleinen Weinberg, auf jeden Fall mehr als genug für die Bepflanzung meiner Terrasse.

Drei von 14 vor der "Terrasse"

Drei von 14 vor der „Terrasse“ am 23. Mai

Reben auf der Westseite des Hauses

und noch mehr Reben auf der Westseite des Hauses (22. Juni)

Im Frühjahr wurden die Reben rechtzeitig geliefert und ich pflanzte sie im April um das halbe Haus, vor allem rund um die zukünftige Terrasse. In meiner Vorstellung sehe ich mich nämlich in einer weinberankten Laube sitzen, so wie ich sie das eine oder andere Mal in süddeutschen Weinbaugebieten erlebt habe.

Auf der Südseite des Hauses sollen ein Ausgang und eine Terrasse entstehen, dort, wo bislang nur ein Fenster ist, das außerdem von einem Ofenrohr versperrt wird. Die Terrasse ist also erst im Planungsstadium, der Wein wächst aber nun schon das 2. Jahr.
Mal sehen, wann beides zusammenwächst.

Alle Reben sind angewachsen und in diesem Jahr auch kräftig wieder ausgeschlagen (wie man auf den obigen Bildern sehen kann), obwohl ich drei Reben noch einmal versetzen musste, da meine liebe Frau den Ausblick aus dem großen Wohnzimmerfenster nicht versperrt sehen wollte (aber ehrlich gesagt, hätte ich sie sowieso umpflanzen müssen, da ich den Zugang zur Terrasse längs des Hauses viel zu breit angelegt hatte).

Da stehen also 14 Reben auf der Süd- und Westseite des Hauses und recken sich in die Höhe; daneben versucht ein kleiner Keimling mitzuhalten, der einem Traubensamen entwachsen ist, den ich im Oktober 2012 von einer Wanderung mit meinem großen Sohn Samuel im Rhein-Mosel-Dreieck bei Koblenz der Traube einer verwilderten (Riesling?)Rebe entnommen habe. Ich weiß: Trauben sollten auf amerikanische Reben gepfropft werden, damit sie vor der Reblaus sicher sind, aber ich mache hier mal eine Ausnahme – und ich hoffe, die Reblaus auch, damit ich sehen kann, welche neue Rebsorte ich damit erschaffen habe.

Nun hoffe ich, dass nicht nur diese sondern auch meine anderen Reben solange überleben, bis ich mir das notwendige Wissen über ihre Pflege angeeignet habe. Bei Weinreben geht es mir nicht anders als bei Tabak und Spargel; ich bin blutiger Laie auf diesem Gebiet und gehe fast ausschließlich nach dem Prinzip vor: „Learning by doing“; aber das macht Spaß.

Wie schon gesagt: Die Reben grünten so grün im Mai und zeigten im Juni jede Menge Blüten, also zukünftige Weintrauben, dass ich meine helle Freude hatte. Ich werde also möglicherweise schon in diesem Jahr meinen ersten Wein keltern können: Zützener Winkelberg.

Blüte einer Rebe in voller Pracht

Blüte einer Rebe in voller Pracht (22. Juni)

Spaß beiseite: Mögen die Reben gedeihen und mir eine holde Laube bilden, dann will ich glücklich und zufrieden sein – und gerne zugekauften Wein dort am Abend genießen (wenn ich denn bis dahin meinen mückensicheren Pavillion gebaut habe).

Ich sitze auf der Terrasse und träume

Ich sitze auf der „Terrasse“ und träume (22. April)

Das war’s jetzt zum Wein, aber was ist mit Weib und Gesang, die der Titel versprochen hat?

Über mein holdes Weib habe ich ja schon ein paar Worte verloren, obwohl sie weder gern „Weib“ genannt werden möchte noch nur ein Drittel meines Lebensgenusses sein will (nein, Du bist natürlich die einzig wahre Freude meines Lebens – wenigstens meistens).

Zum Schluss die Gegenfrage: Warum klingt „Weib“ eher böse, „weiblich“ aber angenehm?

Seht ihr, und schon sind wir beim Gesang (natürlich hauptsächlich von Männern, die ja einzig dem Titelmotto verhaftet sein können; Frauen leiden eher darunter):

Wer den Text des Liedes „Wein, Weib und Gesang“, das Johann Strauß jr. 1869 in Wien für den Wiener Männergesangverein komponiert hat, genauer kennen lernen will, dem habe ich ihn mühsam herausgesucht:

Wein, Weib und Gesang, op. 333
Walzer für Männerchor mit Begleitung des Orchesters (oder Pianoforte) componirt und Herrn Johann Herbeck, k. k. Hofcapellmeister freundschaftlichst gewidmet von Johann Strauss, Hofball-Musik-Director.
Text von Josef Weyl

Introduction
Der liebe Gott im Paradies
die schmucke Rebe wachsen ließ,
damit der süße Traubensaft
dem Adam gebe Mut und Kraft.
Doch dieser, noch so unschuldsvoll,
verstand nicht, wie man’s machen soll,
dass aus der Traube goldig rein
entperle süßer Feuerwein.

Da gab ihm bessern Zeitvertreib
der liebe Gott, und zwar das Weib,
und Adam, nimmermehr allein,
empfand die Lust, geliebt zu sein.
Sang fröhlich ohne Leid und Plag’
den ganzen, lieben, langen Tag.
Frau Eva stimmte selig ein,
Das war der erste Sangverein.

Als später für die Menschenschar
das Paradies verloren war,
drei Himmelsgaben blieben doch
uns armen Menschen Tröstung noch:
Und wer nicht liebt Wein, Weib und Sang,
Der bleibt ein Narr ein Leben lang.

Walzer No. 1
Schenkt ein, schenkt ein, ich halte still,
fragt nicht, welch’ Wein ich trinken will,
die Sorte ist mir gleich.
Lasst schäumen mir den Frankenwein,
wo nicht, so schenkt die Perle ein,
vom lieben Österreich!

Wenn dich Fortuna betrog,
wenn dich die Freundschaft belog,
dann wird der feurige Wein,
lindernder Balsam dir sein.
Hast du viel Leiden im Haus,
weich’ ihnen schleunig nur aus;
dort, wo der Zeiger dir winkt,
dort ist’s, wo Lethe man trinkt.

No.2
Wie Frühlingssonnenschein
kehrten auf Erden ein
zahllose Engelein, doch ohne Schwingen.
Nennst du ein solches dein,
schwindet dir jede Pein,
muss dir’s gelingen, glücklich zu sein.

Sieh jenes Blondchen dort,
mit seiner Locken Gold,
steht schon in Amors Sold. Wähl’ dir die Braune,
das ist ein schelmisch Kind,
vor ihr fliegt pfeilgeschwind
die üble Laune fort wie der Wind.

Wie ein Kobold versteckt
dich im Wein öfters neckt
so steckt im Mädchen, zu zärtlich und fein,
manchmal auch ein Teufelein.
Hast du liebesberauscht
mit ihr Ringe getauscht,
treib’ nur beizeiten den Teufel hinaus,
denn sonst bleibt er Herr im Haus.

Doch wer ein Weib gewann
und es als wahrer Mann
schützen und leiten kann, ist zu beneiden.
Mit dem geliebten Mann
teilt dieser Engel dann
Freude und Leiden auf ird’scher Bahn.

No. 3
Lasst strömen in das Leben hell
aus treuer Brust der Töne Quell
Dass jeder dran sich laben kann
und wär’ er der ärmste Mann.
Wer trüb und bang im heit’ren Gesang
Hoffnung und Trost gewann.

Ein heit’res Lied beim Gläschen Wein
dazu im Arm ein Liebchen fein;
nun komme her, wer er auch wär’,
Fürst oder Millionär:
Sängersmann schlicht lächelt und spricht:
Freund, mit dir tausch’ ich nicht.

Wenn das Herz uns auch noch so schwer,
noch so leer, und jede Lust von uns schied,
gab uns der liebreiche Vater doch
gnädig noch Töne fürs tröstende Lied.
Und aus Herzensgrund schallt der Chor laut empor
und wird zum frommen Gebet,
das für die Brüder all’ rings auf dem Erdenball
Segen vom Himmel erfleht.

No. 4
Martin Luther hat wirklich die Wahrheit gesagt,
denn sonst hätt’ das Konzil damals ihn nicht geplagt,
als er sprach: Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang,
bleibt ein Narr ganz gewiss sein Leben lang!
Denn man braucht deshalb noch kein Luth’raner zu sein,
selbst der koscherste Jud’ liebt G’sang, Weib und Wein.
Es hat Mohammed freilich den Wein konfisziert,
doch dafür hat er sich an den Weibern regressiert.

Kühner Mut, frisches Blut
tun sehr gut in jeder Zeit,
Lieb’ und Sang, Becherklang,
trotzen lang der Traurigkeit.
Wie’s auch geh’, Kopf in d’ Höh’, was auch g’scheh’,
bleibt uns doch sehr viel noch.
Drum ich sag, heutzutag
niemand mag ein Narr mehr sein.
Jedermann denkt daran,
dann und wann fidel zu sein.
Wer verzagt, weint und klagt,
der Mann war offenbar stets ein Narr, bleibt ein Narr, bleibt ein Narr