Zwiebeln züchten

oder: Wie man die Samen von Speisezwiebeln gewinnt und eigene Steckzwiebeln zieht.

„Zwiebeln züchten“, so lautete neulich meine Anfrage bei einer bekannten Suchmaschine. Ich wollte doch zu gerne wissen, was das Wissensnetzwerk zu diesem Thema Wissenswertes zu bieten hat.

Erst einmal musste ich erkennen, dass man unter „Zwiebeln“ mehr verstehen kann als nur „Speise- bzw. Küchenzwiebeln“, auf die ich einseitig fokussiert war; auch Blumenzwiebeln fallen z. B. unter den Oberbegriff „Zwiebeln“.

In diesem Punkte aufgeklärt wollte ich nun etwas über das „Züchten von Speisezwiebeln“ erfahren.
Was ich jedoch als nächstes lernen musste, war, dass auch das Wort „züchten“ nicht so eindeutig ist, wie ich angenommen hatte.

Die Seite „Gartenjournal.net“ leitet einen Artikel mit der Überschrift „Zwiebeln züchten – alles Wissenswerte kurz zusammengefasst“, den ich hoffnungsfroh aufgerufen hatte, folgendermaßen ein: „Streng genommen bedeutet der Begriff „züchten“ das Entwickeln neuer Sorten. Allgemein wird jedoch „züchten“ als Synonym für „anbauen“ verwendet.“ Und so verwendet „Gartenjournal“ ihn dann auch konsequent: es versucht nicht, den Begriff im streng genommenen Sinne mit Inhalt zu füllen.

„Züchten“ ist nicht gleich „züchten“

Hoho, dachte ich, soweit ist es also schon gekommen: Im Bewusstsein der Allgemeinheit sind „züchten“ und „anbauen“ identische Begriffe, „züchten“ im Sinne von „Entwickeln neuer Sorten“ ist aus dem Wortschatz (wieder) gestrichen.

Und das entspricht den Tatsachen – und hat seinen Grund: Früher (vor 1850 ungefähr) hingen das „Anbauen“ und „Züchten“ von Pflanzen eng zusammen. Man konnte keine Pflanzen anbauen, ohne jedes Jahr selbst wieder Samen von diesen Pflanzen zu gewinnen. Für die Samengewinnung wurden aber in der Regel die besten Pflanzen ausgewählt, wodurch die Sorten verbessert und letztendlich neue Sorten entwickelt wurden – es wurde (unbewusst) gezüchtet; anbauen und züchten waren also mehr oder weniger identische Tätigkeiten und wurden dementsprechend gleichsinnig gebraucht.

Nach 1850 wurde das Züchten mehr und mehr bewusst ausgeführt und professionalisiert. Hauptberufliche Züchter entwickelten nach den Regeln der Vererbung planmäßig neue Sorten, indem sie Sorten miteinander kreuzten, die gewünschte Eigenschaften besaßen. Die pflanzenbauende Allgemeinheit wusste aber noch von dieser Tätigkeit, da sie von sehr vielen, noch wenig spezialisierten Betrieben ausgeführt wurde und damit zumeist in ihrer Nähe stattfand; außerdem bezog sie im Allgemeinen direkt von den Züchtern das benötigte Saatgut (soweit sie es nicht auch noch selbst gewann). Das Wort „Züchten“ erhielt in dieser Zeit eine eigenständige Bedeutung, eben das „gezielte Entwickeln neuer Sorten“.

Heute ist die (streng genommene) Pflanzenzucht, besser: die Pflanzenzüchtung, auf wenige Örtlichkeiten in der Welt konzentriert und überwiegend in strikt abgeschottete Labore und Gewächshäuser verlagert, so dass die Allgemeinheit davon so gut wie nichts mehr mitbekommt. Kaum eine Gärtner:in erzeugt noch eigenes Saatgut; Samen werden zumeist im Baumarkt in Form von (großtechnisch erzeugtem) F1-Hybrid-Saatgut erworben. Außerdem ist die heutige Pflanzenzüchtung eher ein technischer Vorgang geworden: Gene (Erbinformationen) werden in Laboren gezielt in das Erbgut eingeschleust. Der generationen-lange Prozess von Kreuzung und Auswahl, der eigentliche Züchtungsvorgang, wird eingespart.

Das Wort „Züchten“ im Sinne von „Entwickeln neuer Sorten“ ist somit einfach (wieder) überflüssig geworden.

Ich weiß nicht, ob ich daran etwas ändern kann, aber ich will es wenigstens versuchen: Ich rufe deshalb jede Gärtnerin und jeden Gärtner dazu auf, eigenes Saatgut zu gewinnen! (Zumindest wende ich mich mit meinem Aufruf an diejenigen, die Gartenbau mehr aus Spaß betreiben und nicht in erster Linie möglichst hohe Erträge erzielen wollen wie unsere Selbstversorger:innen)

Wer nämlich eigenes Saatgut gewinnt, der züchtet auch – ganz automatisch; denn es werden immer die Pflanzen weiter gezogen, die unter den örtlichen Bedingungen gedeihen und/oder den Ansprüchen der Anbauer:innen entsprechen. So entstehen ganz von selbst angepasste, lokale, eigene, neue „Landsorten“.

Und wer daran Spaß gewonnen hat, der kann auch ganz gezielt bestimmte Pflanzen auswählen und miteinander vermehren, um ganz bewusst neue Sorten mit ganz bestimmten, zuvor festgelegten Eigenschaften zu entwickeln und damit „richtige“ Pflanzenzüchtung betreiben.

Samen gewinnen von Speisezwiebeln leicht gemacht

Weil im Internet zur Zucht (streng genommen) von Speisezwiebeln, d. h. über das Gewinnen von Samen, nichts zu finden ist, will ich ein solches Unterfangen nachfolgend einmal kurz beschreiben (in „Die Leichtigkeit der Zwiebelvermehrung“ habe ich es noch ausführlicher und erfahrener getan. Warum ich u. a. meine Zwiebeln selbst vermehre, habe ich in „Auf, auf zur Saatgut-Selbstversorgung!“ begründet).

Für die Samengewinnung von Speisezwiebeln sind folgende sechs Schritte notwendig:

1. Zwiebelsamen finden

Der 1. (und vielleicht schwierigste) Schritt ist, überhaupt erst einmal Saatgut von Zwiebeln zu bekommen. Dieses sollte kein möglichst kein industriell hergestelltes F1-Hybrid-Saatgut sein, das bei Zwiebeln in der Regel eine nicht reparierte Cytoplasmatische Männliche Sterilität (CMS) besitzt; solche Zwiebeln können sich deshalb nicht untereinander bestäuben. Aber auch F1-Hybrid-Saatgut ist als Ausgangsmaterial für eine Züchtung bzw. für die Saatgutgewinnung, zu gebrauchen, wenn man Zwiebeln mit fruchtbaren Pollen mit ihnen zusammen anbaut).

In Baumärkten werden in den meisten Fällen nur noch F1-Steckzwiebeln angeboten (wie man Steckzwiebeln selbst herstellen kann, erkläre ich unten); aber wenn man ordentlich sucht, kann man vereinzelt in den Ständen mit den Samentütchen noch solche mit samenfesten Zwiebelsorten wie „Stuttgarter Riesen“, „Braunschweiger Rote“ oder „Zittauer Gelbe“ finden. Auch über das Internet lassen sich – selbst aus entfernten Weltgegenden – Küchenzwiebelsamen ordern.

Hat man solche ergattert, kann im zeitigen Frühjahr (Februar, März, April) der 2. Schritt erfolgen.

2. Zwiebeln säen, hegen und pflegen

Die Zwiebelsamen werden in ein gut gelockertes, feinkrümeliges, aber wenig gedüngtes Beet in Reihen von ca. 25 cm Abstand gesät.

Dazu werden ca. 1 cm tiefe Rillen mit einem Harkenstil gezogen und die Samen (nicht zu dicht) hineingestreut. Dann werden sie leicht mit Erde bedeckt und diese dann gut angedrückt/festgetreten. Nun wird noch vorsichtig mit der Gießkanne gewässert und das Beet anschließend mit einem weißen Vlies abgedeckt, um die Samen z. B. vor Vögeln zu schützen (letzteres ist nicht unbedingt nötig).

Nach zwei bis vier Wochen keimen die Samen und die Zwiebeln werden in Form von kleinen, dünnen, grünen Hälmchen sichtbar, an deren Spitze oft noch die schwarze Samenhülle zu sehen ist.

Frisch gekeimt

Die „Hälmchen“ am 10. April (vier Wochen nach der Aussaat; sie waren mit einem weißen Vlies abgedeckt)

Wenn sie etwas kräftiger geworden sind, sollte man sie auf Zwiebeldicke vereinzeln (ca. 5 cm). Man kann die Hälmchen, die man dabei ausziehen muss, so vorsichtig aus der zuvor angefeuchteten Erde heben, dass man sie an anderer Stelle wieder einpflanzen kann.

Etwas gekräftigt, aber von Beikräutern bedroht (16. Mai 2015)

Die „Hälmchen“, schon etwas gekräftigt, aber von Beikräutern bedroht (16. Mai 2015)

In diesem Stadium müssen auf dem Beet intensiv alle anderen Pflanzen gejätet, d. h., vorsichtig ausgezupft werden. Zwischen den Reihen kann auch, vor allem bei verkrustetem Boden, gehackt werden.

Wenn die Zwiebeln von Krankheiten und Schädlingen verschont werden, sollten bis Mitte September schöne dicke Zwiebeln herangewachsen und das Zwiebelkraut vertrocknet sein.

Man kann diesen 2. Schritt auch auf zwei Jahre strecken, indem man im ersten Jahr die Zwiebeln sehr dicht oder sehr spät sät und die entstandenen Zwiebelchen (maximal Haselnussgröße) überwintert und im folgenden Jahr als Steckzwiebeln (mehr dazu weiter unten) verwendet. Im Spätsommer des zweiten Jahres ist man also an dieser Stelle hier angelangt und führt danach ebenfalls die folgenden Schritte aus.

Zeit der Ernte: 12. September

Zeit der Ernte: 12. September

3. Zwiebeln ernten, auswählen und überwintern

Jetzt können die Zwiebeln geerntet werden. Wenn die Schlotten (das Laub, die Blätter) anfangen trocken zu werden, zieht man die Zwiebeln aus dem Boden, lässt sie ca. 2 Wochen auf dem Beet liegen und wendet sie ab und zu, damit sie vollständig abtrocknen (natürlich nur, wenn es nicht häufig regnet; dann macht man das an einem trockenen, luftigen Ort mit Dach).

Nach zwei Wochen werden die Zwiebeln eingesammelt und an einem luftigen, trockenen, vor Frost sicheren Ort flach ausgebreitet und gelagert.

Für die Samengewinnung und die damit zusammenhängende Zucht sucht man sich nun möglichst viele Zwiebeln aus, die den eigenen Vorstellungen von Zwiebeln am meisten entsprechen, z. B. solche, die besonders schön geformt, groß und fest sind oder eine bestimmte Farbe haben oder im Sommer besonders gesund und kräftig gewachsen sind.

Die Anzahl der „Zuchtzwiebeln“ hängt einerseits von der Menge des Saatguts ab, das man im nächsten Jahr gewinnen will, andereseits davon, wie ernsthaft man das Züchten betreiben will. Wenn man zu wenig Zwiebeln für die Zucht verwendet, kann es leicht zu Inzucht und den damit zusammenhängenden Problemen kommen oder auch zum Verlust von einigen, genetisch bestimmten Eigenschaften, zur so genannten Gendrift.

Man sucht sich also mindestens zwei, besser aber 10 – 20 Zwiebeln für die Samengewinnung, und eher 50 – 100 (oder mehr) für züchterische Zwecke aus und lagert sie getrennt von den Zwiebeln, die man essen will.

Am besten stellt man die „Samenzwiebeln“ für die Überwinterung aufrecht in Eierkartons an einem lichten, frostfreien Platz auf.

Meine Zuchtzwiebeln, frisch geerntet am 14. September 2015

Meine Zuchtzwiebeln, frisch geerntet aber falsch ausgewählt am 14. September 2015

Dieselben Zwiebel am 10. April 2016

Dieselben Zwiebeln im folgenden Frühjahr, am 10. April 2016; sie haben den Winter im Gartenhaus überstanden

Hier muss ich eine kurze Ergänzung einschieben, die mir deutlich geworden ist, nachdem ich heute (am 16. April 2016) meine überwinterten Zwiebeln wieder in die Erde gebracht habe: Man sollte möglichst viele Zwiebeln für die Samenerzeugung und Zucht überwintern; denn manche Zwiebeln treiben nämlich schon recht früh aus; diese sollten tunlichst nicht zur Samenerzeugung verwendet werden, wenn man gut lagerfähige Zwiebeln haben will: Man sollte also nur Zwiebeln zur Weitervermehrung auswählen, die möglichst viele gewünschte Eigenschaften besitzen.

Klar, südländische Zwiebelsorten, wie Rossa di Tropea oder Pâle de Niort, können nicht lange gelagert werden (obwohl auch unter diesen ein, zwei Zwiebeln waren, die nicht ausgetrieben hatten), aber Calbenser Gerlinde und Dresdner Pattrunde haben sich wirklich gut gehalten – im Gegensatz zur Zittauer Gelben (auf dem letzten Bild sind links außen die Zittauer und rechts außen die Dresdner zu sehen – bei letzterer sind deutlich weniger Zwiebeln mit einem grünen Trieb zu sehen).

Das war der 3. Schritt.

4. Zwiebeln pflanzen und blühen lassen

Im darauf folgenden Frühjahr werden diese Zwiebeln von trockenen Wurzeln und Blattschuppen gereinigt und im Abstand von 30 x 30 cm auf ein frisches Beet gepflanzt (zumindest alle, die den Winter unbeschadet überstanden haben – man sollte während des Winters immer mal wieder nach ihnen schauen und z. B. faulende und austreibende Zwiebeln aussortieren); man kann die Zwiebel fast ganz mit Erde bedecken (die Seite, an der die Wurzeln saßen/sitzen, kommt dabei natürlich nach unten in den Boden). Schritt 4 ist vollbracht.

Rossa di Tropea vor der "Entblätterung" 10. April 2016

Rossa di Tropea vor der „Entblätterung“ 10. April 2016

…und danach

…und danach

1. Reihe gesetzt (10. April 2016)

1. Reihe gesetzt (10. April 2016)

Im Laufe des Sommers werden fast alle Zwiebeln mindestens einen schönen Blütenstand ausbilden; ca. 50 cm lange, in der Mitte aufgeblasene Stängel erheben die weiße Blütenkugel über den Erdboden (damit der Stängel nicht abknicken, kann man sie zur Sicherheit an einen Stab binden, den man neben jede blühende Zwiebel in die Erde steckt – oder es unaufwändiger so machen, wie ich es – auf dem folgenden Bild zu sehen – gemacht habe: Sie mit einem Geländer umgeben).

Die Samenzwiebeln am 26. Juni 2016

Die Samenzwiebeln am 26. Juni 2016

Nun lässt man die Insekten für sich arbeiten: Sie befruchten den weiblichen Bestandteil der Blüten (die Narben, die Eizelle) mit dem Pollen oder Blütenstaub (dieser enthält den männlichen Erbteil) benachbarter Zwiebeln, so dass sich Samen bilden können (Zwiebeln sind „Fremdbefruchter“: Sie können nur von Pollen einer anderen Pflanze/Blüte wirksam befruchtet werden, nicht vom Pollen derselben Blüte).

Wenn man ernsthaft zwei bestimmte Sorten kreuzen will, macht man das besser selbst, indem man die Staubfäden der Blüten der „Mutter“-Pflanze mit einer Pinzette abzupft, bevor sie den Pollenstaub ausschütten, und den Pollen der anderen Sorte, der „Vater“-Sorte, mit einem Pinsel auf die Narben der „Mutter“-Blüten bringt. Die Insekten muss man dann selbstverständlich mit Hilfe von Gaze-Beuteln oder Pergament-Tüten aussperren, die man über die Blütenkugeln stülpt und unten zubindet.

Wenn man Zwiebelsorten rein erhalten/vermehren will, dann dürfen innerhalb eines Radius von ca. 500 m (der Radius hängt von den örtlichen Gegebenheiten ab) keine Zwiebeln einer anderen Sorte blühen.

Wenn man allerdings, so wie ich, nur eine besonders bunte Mischung erzeugen will, dann kann man zahlreiche Zwiebelsorten gemeinsam blühen und von Insekten befruchten lassen.

Freundliche Helferin: Schwebfliege am 02. Juli

Freundliche Helferin: Schwebfliege am 02. Juli

Befruchten und befruchtet werden – der Kreislauf des Lebens

Befruchten und befruchtet werden – der Kreislauf des Lebens (Rote Weichkäfer – Rhagonycha fulva – bei der Arbeit)

Nach erfolgreicher Befruchtung entwickeln sich die Samen und reifen im Laufe des Spätsommers aus.

Samenstand kurz vor der Ernte (7. August 2016)

Befruchtete Blüten, in denen sich nun die Samen bilden (7. August 2016)

5. Zwiebelsamenstände ernten und trocknen

Wenn die Blütenstände abtrocknen, erste Samenkapseln aufplatzen und darin die schwarzen Samen zu erkennen sind – das dürfte je nach Lage zwischen Mitte August und Anfang Oktober der Fall sein – werden die Blüten – sie werden nun auch Samenstände genannt, vorsichtig (damit möglichst keine Samen ausfallen) in eine feste Papiertüte oder einen Stoffbeutel gesteckt und dann zusammen mit ca. 10 cm des Stengels abgeschnitten (eine kräftige Schere leistet dabei beste Dienste).

Getrocknete Samenstände im Stoffbeutel

Getrocknete Samenstände im Stoffbeutel

Trockener Samenstand, 10. September 2016

Trockener Samenstand, 10. September 2016

Dieses ist der 5. Schritt.

6. Zwiebelsamen „ausdreschen“, reinigen und aufbewahren

Die Tüte bzw. das Säckchen mit den Samenständen wird den Herbst (und evtl. auch noch den Winter) über an einem trockenen, luftigen Ort aufbewahrt und immer mal wieder durchgeschüttelt. Gegen Ende des Winters (ich habe es schon Anfang Oktober getan) werden die Samenstände auf ein Handtuch geschüttet, mit diesem umhüllt und kräftig zerrieben und beklopft (man kann sie dazu auch in dem Stoffbeutel lassen); dabei sollten alle Samen freigesetzt werden.

Meine improvisierte Samentrocknungsanlage (27. August 2016)

Meine improvisierte Samentrocknungsanlage (27. August 2016)

Anschließend wird der gesamte Inhalt des Handtuchs in ein größeres Gefäß (Eimer, Schüssel) mit kaltem Wasser geschüttet (man sollte vorher die größeren Bestandteile per Hand entnehmen).

Zerriebene Samenstände in eine Schüssel mit Wasser geschüttet

Zerriebene Samenstände in eine Schüssel mit Wasser geschüttet

Die „guten“ (d. h., die befruchteten, einen Keimling enthaltenden) Samen werden nun auf den Boden des Gefäßes sinken, alles andere oben auf dem Wasser schwimmen (man sollte noch ordentlich umrühren, bis das „Schwimmgut“ von Wasser benetzt ist); dieser unbrauchbare, schwimmende Teil wird dann soweit in ein anderes Gefäß abgeschüttet, bis nur noch die „versunkenen“ Samenkörner im Gefäß enthalten sind.
Diese werden dann in ein Sieb geschüttet.

Der zuerst abgeschüttete, schwimmende Teil wird anschließend noch zwei- bis dreimal auf die gleiche Weise behandelt, um alle enthaltenen Samen auszuwaschen.

Ich habe nämlich bei meiner Saatgutproduktion im Jahre 2017 festgestellt, dass in dem schwimmenden Rest noch ziemlich viele Samen hängen bleiben. Erst nachdem ich diesen Rest drei Mal mit Wasser aufgefüllt, umgerührt und den aufschwimmenden Teil wieder abgeschüttet hatte, waren kaum noch Samen am Boden des Gefäßes zu finden.

Die guten Samen

Die „guten“ Samen

Die am Boden des „Waschgefäßes“ (Goldwäscher!!!) zurückbleibenden Samen werden jeweils in ein Sieb gegossen, dann auf ein Handtuch geschüttet, sofort gründlich abgetrocknet und anschließend flach ausgebreitet an einem warmen Ort wieder gänzlich getrocknet.

Samen getrocknet - links der Sorte "Calbenser Gerlinde", rechts einer "Bunten Mischung"

Samen getrocknet – links der Sorte „Calbenser Gerlinde“, rechts einer „Bunten Mischung“

Schwarzes Gold - meine ersten selbst gewonnenen Samen der Zwiebelsorte "Calbenser Gerlinde"

Schwarzes Gold – meine ersten selbst gewonnenen Samen der Zwiebelsorte „Calbenser Gerlinde“

Voilà, das war Schritt Nr. 6; Du hast gezüchtet, indem Du Zwiebelsamen selbst gewonnen hast! Du hast Deine Zwiebeln vermehrt und der Kreislauf kann mit der Aussaat des eigenen Samens im folgenden Frühjahr wieder von vorn beginnen (zumindest ungefähr drei jahre lang; viel länger bleibt der Zwiebelsamen nicht keimfähig. Wasserdicht verpackt und im Gefrierfach des Kühlschranks gelagert, bleiben sie um einiges länger keimfähig).

Ich denke, das ist nicht allzu schwer. Und nicht allzu viel Arbeit. Und wenn alles schief geht, ist da ja bestimmt noch ein Baumarkt in der Nähe. Oder das Internet mit seinen zahlreichen Online-Shops.

Was sind Steckzwiebeln und wie kann ich Steckzwiebeln selber ziehen?

Zum Schluss will ich noch kurz etwas zu Steckzwiebeln anmerken (weil die meisten Menschen ja nur noch diese kennen): Steckzwiebeln sind einfach junge bzw. nicht ausgewachsene Zwiebeln, man könnte sagen: Zwiebeln im Jugendstadium; man könnte sie auch „noch nicht geschlechtsreif“ nennen (um einen Blütenstand auszubilden, müssen Zwiebeln ein gewisse Menge Nährstoffe gespeichert haben).

Steckzwiebeln kann man mit dem oben gewonnenen, eigenen Saatgut (mit anderem natürlich auch) selbst herstellen: Man sät dazu nicht (nur) im März, sondern (auch) im Juni/Juli oder man sät sie sehr dicht; dann werden die Zwiebeln bis zum Herbst nur haselnuss-groß. Diese kleinen Zwiebeln hebt man vor Frostbeginn aus der Erde und lässt das Kraut gut trocknen (am besten unter Dach und Fach). Dann lagert man die Zwiebelchen den Winter über wie alle anderen Zwiebeln – hell, luftig, trocken und frostfrei (früher wurden sie vor dem Auspflanzen einige Wochen in die Nähe des Herdfeuers in die warme Küche gehängt; ich habe in diesem Jahr – 2021 meinen Beutel mit zu klein gebliebenen Zwiebeln einen Monat lang an einen warmen Heizkörper gehängt) – und hat dann im Frühjahr Steckzwiebeln.

Steckzwiebeln haben den Vorteil, dass sie zumeist etwas dicker werden als direkt gesäte Zwiebeln und etwas früher zu ernten sind. Sie haben aber auch einen Nachteil: Einige von ihnen blühen schon im selben Jahr, in dem sie gepflanzt werden, und bilden dann keine richtig großen Zwiebeln aus.

Die Samen von Zwiebeln, die im ersten Jahr blühen, sollte man nicht unbedingt ernten und zur Aussaat benutzen, wenn man seinen Zwiebelanbau mit Steckzwiebeln betreiben will; denn damit züchtet man (im strengen Sinne) „Sä-Zwiebeln“, also Zwiebeln, die im ersten Jahr keine Steckzwiebeln sondern sofort große Zwiebeln bilden und im zweiten Jahr immer blühen, egal wie groß sie im ersten Jahr geworden sind.

So viel zur streng genommenen Zucht von Speisezwiebeln.

Wer den Samenbau bei der Zwiebel lieber im Film kennenlernen möchte, dem sei aus der Reihe „Lehrfilme zur Samengärtnerei“ das Video „Samenbau der Zwiebel“ ans Herz gelegt.

Zuchtziele der Zukunft

In diesem Jahr (2020) wiederhole ich die Samengewinnung bei Zwiebeln zum fünften Mal. Meine Zuchtzwiebeln habe ich im Winter trocken und warm gelagert und nur diejenigen für die Vermehrung verwendet, die bis zum Zeitpunkt des Auspflanzens, Mitte April, noch nicht ausgetrieben hatten.

Bald muss ich jedoch zwei Zuchtlinien bilden, damit ich auch nicht lagerfähige, eher weiche und dickfleischige Zwiebelsorten, wie die südländischen Zwiebeln Rossa di Tropea und Höri-Bülle, behalten kann.

Dann muss ich nur noch mehr Platz haben, um den notwendigen Abstand zwischen diesen beiden Linien bei ihrer Vermehrung einhalten zu können.