Das Geheimnis der Wintertomate
oder: Wie eine Tomate aus Majorka (Mallorca) zu ihren Namen kam.
Das Geheimnis der Wintertomate wurde auf dem 6. Tomatenerntefest nicht gelüftet. Zu ausgelassen war die Stimmung, zu gut und ungewöhnlich der Geschmack der meisten Tomaten in diesem Jahr, so dass es keinen passenden Moment für die Geschichte einer besonderen, teilnehmenden Tomate gab; aber jetzt ist die Zeit.
Dazu gibts dann noch Infos zu den anderen Tomaten dieser Verkostungsrunde.
Es ist eine große Freude, wenn eine Tomate ohne Namen, die ich nun schon drei Jahre anbaue und der ich den Namen „Martinorka“ verpasst habe (wodurch ich die Vielfalt der Namen beklagenswert vermehrt habe), ganz plötzlich ihren wahren Namen (zurück)erhält und eine zweite Geschichte bekommt.
Die erste Geschichte der „Martinorka“ (die eigentlich ihre zweite ist)
Die erste Geschichte geht so: Im Frühjahr 2015 war meine vielgereiste Freundin Martina ein paar Tage auf Majorka (Mallorca). Als treue Teilehmerin an meinen bisherigen Tomatenerntefesten denkt sie hin und wieder an mich und meine Garten- und Sammelleidenschaft, wenn sie irgendwo in der Welt Tomaten, Kartoffeln, Melonen oder Zwiebeln in die Hand bekommt, und bringt mir eine Frucht, eine Knolle oder Samen mit.
Die Nachkommen der Tomate aus Georgien, die sie mir von ihrem Motorrad-Trip durch dieses Land sowie Aserbeidschan, Iran und Armenien im Oktober 2017 mitgebracht hat, wird unten näher vorgestellt.
Martina hatte mir also damals eine kleine, rote, eher gewöhnlich aussehende Tomate aus Majorka mitgebracht mit dem Hinweis, ihr Wirt habe sie als einheimische Tomate bezeichnet.
Ich muss gestehen, dass ich insgeheim dachte, die Tomate sei höchstwahrscheinlich eine Hybrid-Tomate. Welcher Teil der Welt ist heute nicht von ihnen überschwemmt? Und ausgerechnet in einem Urlaubsgebiet sollte das nicht der Fall sein?
Trotzdem wollte ich sie auf jeden Fall testen…
2016 zog ich also zwei Pflanzen dieses Imports im Folientunnel auf.
Beide Tomatenpflanzen zeigten den gleichen, hohen Wuchs, beide setzten erst spät Früchte an, die noch später reiften. Die Früchte beider Pflanzen ähnelten sich vollständig und litten wegen Trockenheit und meiner (unregel)mäßigen Wasserversorgung stark unter der Blütenendfäule.
Alle Tomaten hatten eine eher rosa-farbige, feste Haut und ein auffallend dickes Fruchtfleisch – aber leider kaum Geschmack.
Normalerweise verbanne ich solche Enttäuschungen in den Folgejahren aus meinem Anbau; doch diese Tomaten hatten etwas Spezielles – und mir noch nicht bewiesen, dass sie (nicht) die vermuteten Hybriden waren: einerseits wichen die Früchte (meiner Erinnerung nach) in Größe und Farbe von ihrer Mutter ab (ein Zeichen für deren Hybrid-/Mischlingsstatus), andererseits waren die Früchte der beiden Pflanzen untereinander zu ähnlich (was eher gegen den Hybridstatus ihrer Mutter sprach). Bei zwei Tomatenpflanzen konnte das aber reiner Zufall sein.
So erhielt die Sorte 2017 eine weitere Chance. Ich erhöhte die Zahl der Versuchsexemplare sogar auf drei, um mit größerer Wahrscheinlichkeit einen Einblick in ihre Gene zu bekommen.
Aufgrund ihrer Vorgeschichte mussten sie jedoch mit dem schlechtesten Standort vorlieb nehmen – am Tunnelrand im Schatten einer großen Fichtenhecke.
Nun kommt der sauschlechte Sommer 2017 und verursacht einen dauerfeuchten Tunnelboden. „Das muss der Tod für eine mallorquinische Tomate sein“, denke ich; aber…
nein, die drei Pflanzen wachsen und gedeihen, bringen wieder spät aber zahlreich Früchte, die sich alle bis aufs Haar gleichen: mittelgroß, rosa, ohne Blütenendfäule und außerdem – schmackhaft.
Tja, die Hybrid-These musste ich wohl langsam zu den Akten legen; trotzdem wollte ich von dem Gedanken noch nicht endgültig lassen und sie deshalb in diesem Jahr wieder in mein Programm (siehe unten) aufnehmen: irgendwann muss eine Hybrid-Tomate mal eine „Spaltung“ offenbaren.
Die wahre Geschichte der „Martinorka“
Doch dann kam der 22. Februar dieses Jahres. Auf dem Umweg über „Freie Sorten“, „Nonna Antonina“ und einen Kommentar dort landete ich auf dem Blog der Traumschaumseifensiederin Claudia Hake (den es leider nicht mehr gibt), die nebenbei auch Tomaten anbaut und deren Samen verkauft. Sie zeigte ein Bild mit einigen Tomaten – und diese sahen meiner „Martinorka“ verdammt ähnlich.
Von Claudia erfuhr ich dann die zweite, die wahre Geschichte der von mir adoptierten Tomate:
„‚Tomàtiga de ramallet‘ heißt diese autochthone Tomatensorte auf Mallorca, die auf Schnüre gefädelt und als Zopf aufgehängt wird. Dass sie lange haltbar ist, verdankt sie ihrer kräftigen Haut.
Die Ramallet ist die wichtigste Zutat des „Pa amb oli“ (Brot mit Olivenöl), einer gerösteten Scheibe Brot, die mit Knoblauch und eben dieser Tomate eingerieben und dann mit Olivenöl beträufelt und mit Salz bestreut wird.
Ich fand diese leckeren aromatischen Exemplare in einem Supermarkt in Valldemossa. Musste ich zwecks Samengewinnung natürlich gleich mitnehmen.“
Ich war ganz aus dem Häuschen: Ich hatte also eine echte majorkinische Tomatensorte in meinem Garten! Nix Hybrid-Tomate!
„Internet, verrate mir alles über diese Seltenheit!“ flehte ich.
Und das Internet gab preis:
„…the vines are pulled up whole and hung upside down in a protected place (such as a barn) so that the tomatoes can ripen slowly over the course of the winter. The tomatoes are then pulled off the vines as needed.…“ wurde die Behandlung der „Mallorcan Winter Tomato“ bei rareseeds.com beschrieben.
Doch nur dank der Feinschmecker dieser Welt bekommt auch die „Tomàtiga de Ramallet“ (vielleicht) ein zweites Leben geschenkt; eigentlich wird eine „Lagertomate“ nicht mehr gebraucht, die „Weihnachtstomate“ hat die Wintertomate (die es übrigens auch in anderen Teilen Spaniens gab) aus dem Rennen geworfen.
„Verwilderte Anbauterrassen und kahle Flächen vor einem wilden Meer- und Bergpanorama prägen heute die Landschaft rund um Banyalbufar in Mallorcas Südwesten. Die Zeit, als auf Mallorca die Landwirtschaft noch zum Bruttoinlandsprodukt beitragen konnte, ist vorbei. Orte, die einmal ein Teil vom Gemüsegarten Europas waren, sind heute verödet. Agroindustrielle Massenproduktion ist angesagt – sei es in den Gewächshäusern Andalusiens oder bei den großen Balearen-Produzenten Agroilla und Agromallorca und deren Lieferanten in der Inselmitte.“ schreibt das „Mallorcamagazin“.
Banyalbufar war einmal das Zentrum des Tomatenanbaus auf Mallorca – und von hier aus soll auch die Tradtion der „Tomàtigues de ramellet“, der aufgefädelten oder kopfüber am Strauch hängenden Wintertomaten, wieder neu belebt werden, z. B. mit dem Gastro-Festival „Eres negre“, das 2013 zum ersten Mal stattfand.
Das 6. Tomatenerntefest
Ich habe die, nun statt „Martinorka“ wieder „Tomàtiga de Ramallet“ zu nennende Tomate in diesem Jahr zum dritten Mal angebaut und sie den Besucher*innen des 6. Tomatenerntefestes frisch geerntet zum Test vorgesetzt; aber sie kann anscheinend erst im Winter, in der ursprünglich tomatenlosen Zeit, mit Geschmack aufwarten und damit Punkte sammeln. So lange wollte ich nicht warten, obwohl das diesjährige Festwetter ihr allerdings zum Vorteil hätte gereichen müssen, denn es brachte einen ganz leichten winterlichen Hauch in den Garten.
Passend zur Ankunft von Eduard ging nämlich der erste Schauer nieder und kühlte den Jahrhundertsommer ordentlich ab. Ich glaube, wenn die Stimmung bei der Tomatenverkostung nicht so angeregt gewesen wäre, hätten wir die Auskühlung unserer Gliedmaßen früher bemerkt und die eine oder andere Bewertungsrunde ausgelassen.
So aber musste erst Dunkelheit die Heimfahrt durch die uckermärkische Pampa oder über die mit Baustellen verstopfte Autobahn zum Gruselereignis zu machen drohen und den Aufbruch auslösen. Da dieses Mal der Brandstifter und „Chef de cuisine“ fehlte und somit auch ein wärmendes Lagerfeuer mit dem ebenfalls wärmenden Kesselgulasch(-gemüse), verabschiedete ich meine tapferen Gäste bereitwillig, die mir trotz widriger Umstände Gesellschaft geleistet hatten, und belastete sie zum Dank dafür mit überschüssiger Massenware.
Langsam und glutrot ging der Vollmond auf, während ich mich wieder satt und zufrieden in mein Häuschen zurückzog, die Reste der Tomatenvielfalt möglichen nächtlichen Rumtreibern überlassend.
Die wunderbare Rosa Balistreri (keine Tomatensorte!) sang mich mit ihren „Canti della Sicilia“ in Schlaf; dem ersten Titel der zweiten CD könnt auch Ihr hier lauschen:
Ja, es war mal wieder schön! Mit Euch!
Die teilnehmenden Tomatensorten
Was wäre ein Bericht über ein Tomatenerntefest ohne die geernteten Tomaten, die dem Ereignis Sinn und Form geben?
Deshalb möchte ich sie Euch zum Schluss möglichst vollzählig und übersichtlich vorstellen – wie immer erst in einer Bildergalerie:
und dann in einer geordneten und alphabetischen Liste mit ein paar ergänzenden Anmerkungen versehen (die Zahlen in Klammern geben die Anzahl der jeweils gezogenen Pflanzen an):
- Apricot Brandywine (1): in diesem Jahr neu ins Programm aufgenommen vom Tomatenretter e. V. gegen Spende erhalten; Monstertomate mit einem angenehmen Mango-Geschmack
- Birtasch Kollektif (1): als Saatgut im Frühjahr 2017 aus Istanbul mitgebracht; kaum Geschmack, aber mächtig viel Fleisch, einer Ochsenherz-Tomate nicht unähnlich
- Black Cherry (2): aus eigenem Saatgut von 2016; die bekannte, braun-rote Cocktail-Tomate mit viel süßem Geschmack
- Boars Hoof (1): eigenes Saatgut von 2014; hell-braun-rote Tomate, die ich mal wieder probieren wollte; damals fand ich sie lecker, würzig. Die einzige Pflanze, die ich hatte, ist leider dem Dauerregen am 12. Juli, dem einzigen echten Regentag in diesem Sommer, zum Opfer gefallen
- Charly Green (1): vom Tomatenretter e. V.; voluminöses, grün-gelbes Prachtexemplar, das man einfach haben muss, aber nicht unbedingt einen geschmacklichen Gewinn darstellt
- Costoluto di Parma (2): Restsaatgut von Franchi Sementi aus 2014; die ansprechende, gerippte Gestalt verleitet zum Zugriff, der Anbiss ist aber immer wieder enttäuschend
- Dutch Yellow (3): kleine, gelbe Kirsch-Tomate, die ich im Frühjahr bei REWE erstanden und für anbauwürdig empfunden habe; eine Pflanze ist ertrunken, die beiden anderen haben leckere, aber sehr unterschiedliche gelbe Früchtchen hervorgebracht. Eine von ihnen hat den Cocktail-Tomaten-Wettbewerb um Längen gewonnen
- Emeraude (2): eigenes Saatgut von 2013; schöne, grüne Fleischtomate, die mal wieder nachgebaut werden musste; kein Highlight
- Georgina (2): Mitbringsel von Martina aus Georgien vom Oktober 2017; erstklassige, feste, wohlgeformte Fleischtomate, leider ziemlich geschmacklos
- Giant White Beafsteak (3): neu im Programm, von Birgit Kempe für 3,50 € 10 Samen erhalten; ich wollte auch mal eine weiße Tomate haben; sie ist aber eher hell-gelb und nur leicht süßlich; eine Pflanze ist ebenfalls ertrunken
- Green Grape (1): neu, von Birgit Kempe; kleine, grüne Cherry-Tomate; eine Empfehlung von Eva aus Eskilstuna, die ich bei der Festernte glatt übersehen habe in ihrem total verbuschten Strauch. Ich hoffe sie im kommenden Jahr zu einer Stabtomate umerziehen zu können
- Green Moldovan (1): vom Tomatenretter e. V.; eine grün-gelbe Fleischtomate, die aber leider ertrunken ist, so dass eine Bewertung erst im kommenden Jahr vorgenommen werden kann
- Green Zebra (2): eigenes Saatgut von 2012; eine grüne, später gelbliche, normal große Tomate mit dunkelgrünen Streifen; dieses Mal hat sie ihre typische, würzige Seite gezeigt und ist damit auf einen der vorderen Plätze gelangt
- Kazakh Shalavije 1 (2): eigenes Saatgut von 2017, ursprünglich 2016 von Manfred Hahm-Hartmann; war im ersten jahr ziemlich gelb, mittlerweile ist der kasachische Rotschal dunkler gelb, ja eigentlich orange geworden; auch der Geschmack ist intensiver und noch besser geworden
- Kazakh Shalavije 2 (1): da die Kazakh-Samen von Herrn Hahm-Hartmann zwei unterschiedliche Früchte produziert hatten, wollte ich doch zu gern wissen, welche die richtige ist und bestellte mir deshalb von Birgit Kempe diese Sorte ebenfalls; nun habe ich noch eine dritte Variante, die aussieht wie Virginia Sweet oder German Gold, und bin immer noch nicht schlauer; eine reife Frucht war zum Zeitpunkt der Verkostung noch nicht entdeckt und konnte somit nicht gewertet werden
- Nonna Antonina (2): Saatgut von Manuel 2012; sehr große, rote Fleischtomate, die aber in diesem Jahr irgendwo-wie untergegangen ist; sie hat ihre Früchte trotz ihrer Größe verborgen gehalten
- Petite Pomme Blanche (2): von Birgit Kempe; die beiden Pflanzen, die ich aus den zehn erhaltenen Samen ziehen konnte, zeigten ebenfalls einen merkwürdigen buschigen Wuchs und setzten keine Früchte an; nach einer weißen Cocktail-Tomate werde ich also weiter suchen müssen
- Paul Robeson (2): eigenes Saatgut von 2016; hat in diesem Jahr die Erwartungen voll und ganz erfüllt; wurde erst spät entdeckt, aber trotzdem sofort in die vorderen Ränge eingeordnet
- Purple Russian (3): eigenes Saatgut von 2012, dem letzten Jahr, in dem ich Tomaten auf dem Balkon in Berlin gezogen habe; Ausgangspflanze in Würzburg auf einem Markt erstanden. Eiförmige, braun-rote Sorte, die schon damals nur reich getragen hat und schön anzusehen war; ich wollte sie aber nicht verlieren und musste sie deshalb mal wieder anbauen
- Rheinlands Ruhm (2): eigenes Saatgut von 2010, das einer Pflanze des VERN aus Greiffenberg entstammte; ich hatte sie vor zwei Jahren schon einmal zwecks Auffrischung des Saatguts angebaut, aber dann keine ordentliche Buchführung betrieben; deshalb nun ein weiterer Versuch. Sie ist eine gewöhnliche, rote Stabtomate mit fester Haut. Schon beim letzten Mal war mir aufgefallen, dass ihre Kelchblätter denen meiner „SuperEO“ stark ähnelten, aber geschmacklich konnten sie mit dieser kaum mithalten; das war aber in diesem Jahr anders: „Rheinlands Ruhm“ belegte den 1. Platz, noch vor der „SuperEO“, die den 2. Platz erhielt! (Tja, möglicherweise steht hier eine weitere Enttarnung an, eine weitere Verringerung von Namen)
- Rosa Fleisch (2): eigenes Saatgut, einer auf dem Arnswalder Platz in Berlin vor Jahren gekauften Frucht entnommen; wie der selbst vergebene, provisorische Name schon andeutet, handelt es sich um eine große rosa Fleischtomate – mit zartem Fleich aber nur mittelmäßigem Geschmack
- Schlesische Himbeere (1): Samen im Winter von den Tomatenrettern erhalten; sehr große, dunkelrosa Fleischtomate, die geschmacklich auch nicht das gehalten hat, was ihr Name verspricht; trotzdem behalte ich sie allein wegen ihres schönen Namens – und wer weiß: anderes Jahr, anderer Geschmack
- SuperEO (3): eigenes Saatgut von 2012; normal große, rote Stabtomate, die immer wieder den für mich ultimativen, aus meiner Jugend erinnerten Tomatengeschmack liefert; die etwas feste Haut stört mich da überhaupt nicht, meines Erachtens war die Tomatenhaut früher auch so. Die Ursprungstomate hatte ich um 2010 im damaligen Biomarkt „Eat Organic“ gekauft und als einzige aller jemals gekauften Tomaten für schmackhaft befunden. Der mehrfache Nachbau lieferte keine Abweichungen in Form und Geschmack, die auf einen Hybrid-Status hätten schließen lassen.
- Vesennij Mitschurinskij (2) (nein, nicht Mieurinskij oder ähnlich deformiert, sondern Mitschurinskij!): eigenes Saatgut von 2016; kleine bis mittelgroße, rote Cocktail-Tomate mit süß-fruchtigem Geschmack; hat aber in diesem Jahr wieder den letzten Platz des Cocktail-Tomaten-Wettkampfs belegt, was aber nicht an ihr lag, sondern an der gelben und braun-roten Konkurrenz
- Villinger Flasche (3): eigenes Saatgut von 2010; diese eiförmige, rote Tomaten“sorte“ habe ich vor vielen Jahren bei einem Besuch bei meinem Bruder in Villingen in einem Gemüseladen gekauft; da sie mir schmeckte, habe ich ihre Samen aufgehoben und sie einmal nachgebaut. Sie war zwar gut gewachsen, aber nur wässrig und fade im Geschmack; ich ging von einer Hybrid-Tomate aus. Nun drohte das Saatgut sein Verfallsdatum zu erreichen, so dass ich noch einen Versuchsanbau durchführen wollte. Die drei aufgezogenen Pflanzen zeigten dieses Mal unterschiedlichen Wuchs und verschiedene Fruchtformen, doch einen einheitlichen faden Geschmack. Tja, ich werde sie wohl nur bei Gelegenheit weiter anbauen, um das Wesen von Hybrid-Tomaten zu studieren
- Zufallssämlinge (2): im Gewächshaus gekeimt und erwachsen geworden; die eine der beiden kartoffel-blättrigen Pflanzen brachte rosa, die andere rote Fleischtomaten auf den Tisch; die rosa Tomaten waren ziemlich lecker süß, die roten abgefahren salzig-würzig
Bemerkungen zum Wachstum der Tomaten
Der Start ins Tomatenjahr begann wie immer mit der Anzucht ab Anfang März, dieses Mal von 25 Sorten, darunter zahlreiche neue; ich wollte mehr grüne und auch mal ein paar weiße Tomaten in meiner Tomatensammlung. Außerdem wollte ich Cocktail-Tomaten in jeder Farbe: weiß, gelb, grün, rot und braun-rot. Als gelbe Variante habe ich die Samen einer gelb-grünen, super-fruchtig schmeckenden Tomate genommen, die ich im Winter im Supermarkt REWE erstanden hatte.
Merkwürdigerweise keimten die Samen aller zugekauften Tomatensorten auffällig schlecht; ich erhielt bestenfalls von 10 Samen drei Pflanzen, von der Sorte „Dr. Wyshe’s Yellow“ (Tomatenretter e. V.) keimte keine einzige. Da ich alle Samen gleich behandelte und teilweise sehr altes, eigenes Saatgut verwendete, das (fast) normal keimte, habe ich keine Erklärung für dieses Verhalten.
Eine weitere Merkwürdigkeit war außerdem der spätere buschartige Wuchs von drei Pflanzen (1 x Green Grape, 2 x Petite Pomme Blanche), deren Samen ich bei Birgit Kempe bestellt hatte.
Im Moment hänge ich der Erklärung an, dass die Samen einfach zu selten nachgefragt werden; deshalb nur selten nachgebaut werden und irgendwann einfach zu alt geworden sind. Oder falsch getrocknet bzw. gelagert wurden. Tja, kein Qualitätssaatgut halt.
Green Grape werde ich sicher im nächsten Jahr noch einmal versuchen und sehen, ob der buschartige Wuchs wieder auftritt (eine kurze Internet-Recherche ergab gerade, dass der Wuchs bei dieser Tomate normal zu sein scheint). Petite Pomme Blanche werde ich ebenfalls nachbauen, sofern sie noch eine Frucht und Samen produzieren.
Beim Aussetzen in den Tunnel hatte ich nicht mit dem Angriff der „Killerschnecken“ gerechnet. Ich konnte es nicht übers Herz bringen, den Erdbeerpflanzen, die am Tunnelstandplatz wucherten, den Garaus zu machen, wodurch sich den Schnecken natürlich beste Verstecke boten – und verweichlichte Tomatenpflanzen direkt aus dem warmen Wohnzimmer munden ihnen bekanntlicherweise besonders gut. Mit Hilfe von Schneckenkragen konnte ich letztlich alle bedrohten retten, vor allem aber die einzige und daher besonders kostbare Kazakh Shalavije von Birgit Kempe.
Ich konnte es natürlich auch nicht übers Herz bringen, die überzähligen Tomatenpflanzen einfach zu kompostieren; deshalb wurde das Gewächshaus, so weit es ging, mit ihnen befüllt, obwohl es schon zwei Sämlinge in sich barg.
Auch der Melonentunnel, der ja oberhalb der Melonen reichlich Platz bietet, bekam seinen Teil ab.
Das dritte bemerkenswerte Ereignis in diesem Jahr war der schon oben erwähnte, ganztägige Regen am 12. Juli; ein Teil des Tunnels (und anderer Flächen meines Gartens sowie der Kolonie) stand danach ein paar Stunden unter Wasser: Vier Tomatenpflanzen fanden dabei den Tod durch Ertrinken.
Ansonsten aber hat dieser extrem trockene Sommer meinen Tomaten extrem gut getan, ich glaube, auch geschmacklich haben sie von ihm profitiert, gesundheitlich sowieso. Selbst ein Sämling im Freiland, den ich vollkommen frei auf dem Komposthaufen sich entfalten ließ, weist bisher nicht die Spur von Braunfäule auf; die „Tunnelpflanzen“ blieben von diesem Pilz ebenfalls vollkommen verschont.
Ich kann in diesem Jahr wirklich nicht über das Wetter klagen (das tue ich dann ausgiebig beim nächsten extrem nassen Jahr – ich hoffe, das es nicht schon das nächste Jahr ist).
So, wer jetzt noch Lust, Zeit und Nerven hat, der kann sich zu guter Letzt noch die „Tunnelblicke“ antun und dabei die Entwicklung meiner Tomaten über’s Jahr verfolgen (Wer durchhält, wird mit einem Stillleben mit Tomate belohnt).